4. und 5. NATIONALPARK PODYJI , TSCHECHIEN UND NATIONALPARK THAYATAL , ÖSTERREICH

NATIONALPARK PODYJI , Südmähren, Tschechien


Größe63 km2
Gegründet:  1991  
Besucht:  Januar 2023



NATIONALPARK  THAYATAL  Niederösterreich


Größe:  13 km2  
Gegründet:  2000  
Besucht:  Januar 2023



















Charakteristik:   Über eine Länge von etwa 40 km wird die Thaya und ihre Uferlandschaften durch zwei kleine, grenzüberschreitende Nationalparks geschützt.
 44 Jahre lang in der Zeit des "Eisernen Vorhangs" befand sich hier eine tote Grenze. Was in gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Hinsicht über einige Jahrzehnte totale Stagnation bedeutete, erwies sich für die Natur dieser Region als Segen.  Im Gebiet wird der Besucher immer wieder mit der Epoche des Kalten Krieges konfrontiert.

Hardegg als kleinste Stadt Österreichs liegt mitten im Nationalpark (Blick von der Hardegger Warte)




























Mein Nationalpark: Januar 2023

Vor zwei Jahren war ich schon einmal hier. Damals durchwanderten Renate und ich den sehr schönen österreichischen Teil von Hardegg aus die Thaya östlich entlang über den "Überstieg" und die Ruine Kaja bis Merkersdorf. 
Heute bin ich mehr an der der tschechischen Hälfte interressiert. In Hardegg steht man vor der schmalen, 1874 erbauten Thayabrücke. 1949 nach Errichtung des Eisernen Vorhangs wurden die Holzbohlen entfernt und 40 Jahre lang war die Brücke unbenützbar. Erst nach der "samtenen Revolution" in der CSSR im Jahr 1989 wurde sie wieder hergestellt. 

Gleich nach dem tschechischen Zollhaus, das heute ein Informationszentrum beherbergt, sind links und rechts der Straße zwei Grenzbunker zu sehen. Ich biege links auf einen Wanderweg ab, der vorerst dicht am naturbelassenen Ufer der Thaya entlang führt.
Rechts ragen steile Schieferfelsen empor, im Fluss paddelt eine Entenschar vorbei. 

Einer Infotafel ist zu entnehmen, dass hier der Fischotter ein Zuhause hat. Das ist eines jener Tierarten, die in Mitteleuropa scheinbar nur in Nationalparks oder ähnlichen Schutzgebieten überleben können.
Nach einem Weilchen macht der Wanderweg einen Schwenk nach rechts vom Fluss weg und führt leicht aufwärts durch dichten Buchenwald. Ein Krachen im Unterholz macht mich

auf ein wegpreschendes Wildschwein aufmerksam, das ich offenbar aufgeschreckt habe.  Nach einer knappen Stunde lichtet sich der Wald , das winzige tschechische Dorf Cizov am Rande des Parks ist erreicht. Hier ist das letzte Stück des "Eisernen Vorhangs" in der gesamten Tschechischen Republik erhalten geblieben. Ein Bild, das ich aus den Fernsehnachrichten meiner Kindheit und Jugend noch gut in Erinnerung habe - Zäune, Stacheldraht und ein mächtiger Wachturm. 
Das letzte Stück des Eisernen Vorhangs bei Cizov















Cizov erscheint jetzt im Winter wie  ausgestorben, das einzige Gasthaus und das Nationalparkzentrum sind geschlossen. Während der Epoche des Kalten Krieges waren die Siedlungen auf der tschechischen Seite noch viel isolierter als jenseits der Grenze. Die Bewohner dieser grenznahen Dörfer standen unter ständiger Beobachtung. 
Am Rückweg mache ich einen Abstecher zu einem Aussichtspunkt hoch über der Thaya: Die Hardegger Warte. Von hier bietet sich ein prächtiger Blick über das Thayatal und die Stadt Hardegg . Weitere Informationstafeln zeigen einen Blick in die Vergangenheit.
Grenzsoldaten an der Stelle der heutigen Warte (Foto Infotafel)


 













Mir bleibt noch Zeit bis zur Abfahrt des letzten Busses in Richtung Retz und ich nütze sie zum Wandern auf österreichischem Gebiet. Der Thaya Uferweg und die Besteigung des Regina-Felsens runden den Tag ab. Zwei winzige, unspektakuläre Nationalparks angrenzender Staaten mit dem gemeinsamen Naturraum einer fast unberührten Flusslandschaft, ein kleine Oase für seltene Tiere und Pflanzen an der Grenze zwischen Österreich und Tschechien, vor allem aber viele Erinnerungen an eine schwierige Epoche -  das sind die Eindrücke, die bleiben.
Die Burg Hardegg
















Meine Bewertung:

Größe: 2   Highlights: 3   Bedeutung: 6   Wildnis: 4   Service: 6   Öffis: 7

Bewertung:    4,6


Öffentliche Anbindung:

Von Wien kommend wird der Bahnhof Retz angesteuert, von dort geht es etwa alle 2 Stunden mit dem Bus nach Hardegg weiter. Vorher kann man schon in Merkersdorf aussteigen, um im schönen östlichen Teil des Nationalparks die Wanderung zu starten oder aber man fährt noch eine Station weiter bis zum Nationalparkzentrum. 
Will man in Tschechien beginnen, bieten sich die Stadt Znaim (guter Bahnanschluss von Wien) oder das Dorf Cizov an (dürftige Busverbindung ab Znaim). 

Das Gebiet:










Das beherrschende Thema der beiden Nationalparks ist ein kleiner Abschnitt des Flusses Thaya, der im Waldviertel entspringt und später bei Hohenau in die March mündet. Im Gebiet der beiden Schutzgebiete bildet die Flussmitte die Grenze zwischen Österreich und der Tschechischen Republik. Vom höher gelegenen, landwirtschaftlich intensiv genutzten Umland in beiden Staaten  fällt das Gelände an vielen Stellen mit nahezu senkrechten Felsabbrüchen zu den  Flussufern ab.


Geologie, Flora und Fauna:

Geologisch gehört das Gebiet zur Böhmischen Masse. Zahlreiche Felsbildungen aus Schiefer und Granit säumen den hier stark mäandrierenden Flusslauf. Im Gegensatz zu den angrenzenden Hochflächen wächst an den Steilhängen zum Fluss und an dessen Ufern dichter Laubwald. Vor 15 Jahren wurde im Nationalpark der Nachweis erbracht, dass die als hier ausgestorben geltende Wildkatze überlebt hat. Seither ist der Bestand deutlich angestiegen.
Im Nationalparkzentrum Hardegg können die beiden Exemplare Frieda und Carlo in einem Freigehege bewundert werden.


Service:
Noch auf der Hochfläche ein Stück vor Hardegg wurde ein großes und modernes Nationalparkzentrum (mit dem erwähnten Freigehege) erbaut. Besucher könn(t)en sich dort informieren und an Rangertouren oder geführten Wanderungen teilnehmen. Weitere Infostellen gibt es auf tschechischem Gebiet. Grundsätzlich sind in der winzigen Stadt Hardegg auch ausreichend Gasthäuser vorhanden. Der Haken ist jedoch, dass in den Wintermonaten leider alles, aber auch wirklich alles, geschlossen ist. Dabei wäre das Gebiet allein wegen der Höhenlage auch im Winter ein tolles Wanderrevier.  Natürlich ist mir aufgefallen, dass mein einziger Sozialkontakt während der Wanderung besagtes Wildschwein war. 
Es stellt sich aber dennoch die Frage: Hat alles geschlossen, weil niemand kommt, oder kommt niemand, weil alles geschlossen ist?



Meine nächsten geplanten Nationalparks:

Nationalpark Vesuv, Italien

Nationalpark Rila, Bulgarien





























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