12. NATIONALPARK DOVREFJELL , NORWEGEN
12. NATIONALPARK DOVREFJELL - SUNNDALSFJELLA
Innlandet, Trondelag und More og Romsdal, Norwegen
Größe: 1963 km2
Gegründet: 2002
Besucht: Juni 2023
Charakteristik: Typisch skandinavisches, einsames Hochplateau (Fjell) , größtenteils oberhalb der Baumgrenze. Landschaftlich nicht sonderlich spektakulär, liegt die Schönheit hier im Detail. Weite, sanft ansteigende Hochflächen mit dichtem Bewuchs aus Rentierflechten, Moosen und niederen Sträuchern. Als Besonderheit leben aus Grönland eingeführte und hier heimisch gewordene Moschusochsen in diesem Nationalpark, außerdem Elche, Polarfüchse und wilde Rentiere.
Der Moschusochse ( ovibus moschatus) , ein Paarhufer aus der Verwandtschaftsgruppe der Ziegenartigen, wird bis zu 1,5 m
hoch und bis zu 2,5 m lang. Das lange, dichte Fell ist extrem weich, jedoch nicht wasserabweisend. Diese Tiere starben wie viele andere Großtiere am Ende der letzten Eiszeit in Europa aus und überlebten nur auf Grönland und im arktischen Teil Nordamerikas. Im Dovrefjell gelang es 1947, eine Herde aus Grönland anzusiedeln und heute leben hier um die 280 Exemplare.
Mein Nationalpark: (Juni 2023) Das Vorkommen eben dieser Moschusochsen veranlassten mich überhaupt, dieses Gebiet als ersten norwegischen Nationalpark ins Auge zu fassen. Um eine gute Chance zu haben, tatsächlich Moschusochsen in freier Wildbahn zu sehen, buchten Gerhard und ich bereits vor der Reise eine geführte Tour. Da wir zur allgemeinen Verwunderung ohne eigenes Auto angereist sind, dürfen wir vom Ort Oppdal aus mit unserem Guide Stina (Kurzform von Kristina) zum Ausgangspunkt mitfahren, einem Parkplatz in 800 m Seehöhe an der E6 im östlichen Teil des Parks.
Hier teilt die E6 den Nationalpark in einen großen westlichen und einen kleinen östlichen Teil. Insgesamt umfasst die Gruppe 13 Personen aus unterschiedlichen Ländern, die über eine Brücke den schäumenden Gebirgsfluß Svone queren und durch eine Bahnunterführung den Nationalpark betreten.
Stina steuert vorsichtig als erstes eine offene Unterstandshütte an. Sie erklärt uns, dass ein einzelner Moschusochse diese Hütte liebt und deshalb oft vom Fjell herunter steigt. Tatsächlich sieht man undeutlich die Umrisse des Tieres im schattigen Inneren der Hütte stehen, leider ist es auch im Fernglas nur schlecht zu erkennen. Anschließend geht es weiter bergauf. Wir bewegen uns hier in einer Höhenlage von 800 bis 1000 m durch lichten Birkenwald, zwischen den Bäumen wächst dichtes Buschwerk und viele Wildbäche transportieren das Schmelzwasser vom Fjell ins Tal. Stina zeigt uns eine abgeschabte Stelle an einer Birke: Hier reiben sich die männlichen Tiere, um ihr Revier zu markieren. Weitere Indizien für das Vorhandensein von Moschusochsen sind frische Losung (die im übrigen ein wenig an überdimensionalen Hasenkot erinnert) und große Büschel ihres weichen Fells, die an Sträuchern hängen geblieben sind. Im ständigen Auf und Ab folgt die Gruppe unserem Guide durch diese reizvolle, sehr nordische Landschaft. In einem dichteren Waldstück stößt Stina auf frische Losung und viele Haarbüschel. Sie legt den Finger an die Lippen und pirscht vorsichtig weiter. Schließlich deutet sie einen dicht bewachsenen, steilen Abhang hinunter.
Zwischen den dicht stehenden Birkenstämmen lässt sich in vielleicht 50 m Entfernung ein einzelner Moschusochse ausmachen, der sich entspannt der Nahrungsaufnahme widmet. Deutlich sind die geschwungenen Hörner und das buschige Hinterteil zu erkennen. 20 Minuten lang ist das Tier zu sehen, dann verschwindet es im Birkendickicht. Zufrieden lässt sich unsere Gruppe auf einer Lichtung zu einem Picknick nieder. Stina holt aus ihrem Rucksack Tee, Kaffee und Gebäck für alle heraus, was die Stimmung weiter anhebt. Anschließend geht es über eine Steilstufe ins eigentliche Fjell hinauf.
Hier in über 1100 m Seehöhe wächst in diesen Breiten kein Wald mehr. Dennoch ist die Hochfläche reich bewachsen. Weite silbergraue Areale voll Rentierflechte, weiche Moosteppiche und Zwergsträucher bedecken dieses windige Bergland. In der Ferne ist der schneebedeckte Gipfel der Snohetta zu sehen, der sich über dem kargen Hochland erhebt. Stellenweise ist der Boden voll mit winzigen, sternförmigen Blüten. Stina erzählt uns über die Rentierflechte als Hauptnahrungsquelle der wilden Rentiere, die hier im Nationalpark noch zahlreich umherstreifen. Auf meine Bemerkung hin, dass die Jagd hier ja sicherlich verboten wäre, lächelt sie schief und meint achselzuckend: "We are here in Norway". Tatsächlich ist im Nationalpark die Jagd auf wilde Rentiere saisonal gestattet!
Fingern. Sofort zerstäubt die Flechte ähnlich verblühtem Löwenzahn und
wird vom Wind vertragen. "The white reindeer lichens are bone dry . This is Norways driest area!" Was aber nichts daran ändert, dass meine Füße noch ordentlich nass werden, als wir später entlang eines Schmelzwasserbaches durch die Birkenwaldzone zur Straße absteigen. Nach dem offiziellen Ende der Tour fahren Gerhard und ich mit Stina wieder nach Oppdal zurück. Kaum angefahren, bremst sie aprupt ab und fährt rechts ran. "there s another one up there" Wir springen aus dem Wagen und tatsächlich, am gegenüberliegenden Hang zeigt sich für einen Augenblick ein weiterer Moschusochse zwischen den Birken. So haben wir im Endeffekt immerhin drei "musk-oxes" gesichtet und außerdem einen wirklich spannenden Einblick in dieses Ökosystem erhalten.
An manchen Stellen erinnert der dicht bewachsene Boden an einen Teppich |
Meine Bewertung Größe: 9 Highlights: 6 Bedeutung: 7 Wildnis: 7 Service: 6 Öffis: 6
Bewertung: 6,8
Das Gebiet: Als "Fjell" (bzw. Fjäll in Schweden) wird nicht generell ein Gebirge, sondern eine baumlose , durch Gletscherschliff abgerundete Hochebene bezeichnet, was auf dieses Gebiet exakt zutrifft. Der Dovrefjell-Sunndasfjella Nationalpark erstreckt sich 250 km nördlich der norwegischen Hauptstadt Oslo unweit der Grenze zu Schweden über 3 Fylken (Verwaltungsprovinzen) hinweg; Innlandet, Trondelag und Nore og Romsdal. Als höchster Gipfel erreicht die Snohetta ("Schneehut") immerhin 2286 m und ist damit die höchste norwegische Erhebung außerhalb des Jotunheimen-Gebirges. Die nordwestliche Spitze des Parks erreicht den Tingvolfjord, die Hauptzugänge befinden sich jedoch im östlichen Bereich: Die Orte Oppdal und Dombas liegen sowohl an der Fernstraße E6 als auch an der Bahnstrecke Oslo - Trondheim.
Obwohl das Gebiet gerade noch zu Südnorwegen gezählt wird, wurde es bei unserem Aufenthalt Anfang Juni während der Nacht nie wirklich dunkel. Im Winter wiederum gilt die Gegend als guter Platz zur Beobachtung des Nordlichts. In der weiteren Nachbarschaft finden sich einige weitere Nationalparks - nördlich der Trollheimen, nordöstlich der Forollhogna, südöstlich der Rondane und südwestlich der Reinheimen. Letzteren hatten wir einen Tag zuvor bei der Fahrt mit der fantastischen Romsdalbahn am Rande "gestreift". Er zeigt völlig andere, noch spektakulärere Landschaften mit zackigen Granitfelsen und der über 1500 m hohen "Trollwand"
Geologie, Flora und Fauna: Als Teil des Skandinavischen Schilds besteht das Dovrefjell aus Gneisen, Graniten und kristallinen Schiefern. Die abgerundeten Formen sind vorwiegend auf den Gletscherabschliff der Eiszeiten zurückzuführen. Verschiedene Vegetationsstufen sind deutlich zu sehen: In den Tallagen, etwa um Oppdal, wächst dichter borealer Nadelwald, der ab 700 m Seehöhe in lichten Birkenwald übergeht. Die Waldgrenze liegt hier bei etwa 1000 m, oberhalb davon findet sich nur mehr tundra-ähnlicher Bewuchs aus Flechten, Moosen und Zwergsträuchern. Am auffälligsten sind weite Flächen der trockenen, weißgrauen Rentierflechte. Diese dient den wilden Bergrentieren, die in diesem Gebiet noch zahlreich vorkommen, als Hauptnahrung. Außer den Moschusochsen sind Elche recht häufig. Stina erzählte uns von zahlreichen Sichtungen während ihrer Wanderungen über das Fjell - uns war dieses Glück leider nicht vergönnt. Polarfüchse und Schneehasen sind weitere typische Tiere, während Vielfraße nur bei der Durchquerung des Gebietes beobachtet wurden.
Service und öffentliche Anbindung: In beiden Hauptorten des östlichen Dovrefjell
ist das "Hotel Dombass"empfehlenswert, in der Lobby kann ein präparierter Moschusochse bewundert werden. Deutlich günstiger fällt eine Nächtigung in einer gemieteten Holzhütte aus - unser Häuschen in Oppdal war für wenige Tage absolut ausreichend. Bei mehrtägigen Wanderungen über das Fjell bietet die Tverfjell Schutzhütte in postmodernem Stil unweit der Snohetta einen guten Stützpunkt. Der Neubau wurde sogar 2011 mit dem "world building award" ausgezeichnet. Grundsätzlich darf im Nationalpark wie in ganz Norwegen aber auch überall frei gezeltet werden, es gilt das skandinavische Jedermannsrecht.
Das Besucherservice für diesen Park ist gut: Das Fjell ist mit einem Netz markierter Wanderwege überzogen. Es gibt in Oppdal ein Informationsbüro und ebenso wie von Dombass aus geführte Moschusochsen-Safaris. Wenig überraschend sind teilweise die Serviceleistungen speziell auf Autofahrer zugeschnitten. So bedurfte es im Vorfeld mehrerer Interventionen, um unsere Teilnahme an der Moschusochsen-Safari ohne eigenes Auto zu organisieren. Für die Anreise eignet sich hervorragend die Dovrebahn zwischen Oslo und Trondheim mit 5 bis 6 Zügen täglich. Es wird auch die Haltestelle
Kongsvoll in der Nähe eines der Parkzugänge angefahren, zudem gibt es einige Busverbindungen.
Für norwegische Verhältnisse ist dieser Nationalpark geradezu vorbildlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.
Comments
Post a Comment