14. und 15: NATIONALPARKS PIENINSKY, SLOWAKEI UND PIENINSKI, POLEN
Nationalpark
PIENINSKY
Slowakei
Größe: 37,5 km2
Gegründet: 1967
Besucht: August 2023
Nationalpark
PIENINSKI
Polen
Größe: 23,5 km2
Gegründet: 1932
Besucht: August 2023
Charakteristik: Zwei Länder, zwei Nationalparks, ein Naturraum. Der Dunajec ist ein Nebenfluss der Weichsel. Er entspringt in der Hohen Tatra, bildet auf eine kurze, aber spektakuläre Strecke die Grenze zwischen der Slowakei und Polen, um schließlich in die Weichsel zu münden. Eine über10 km lange, mäandrierende Schlucht bildet den Kern zweier kleiner Nationalparks in der Slowakei und in Polen. Gleichzeitig ist die Schlucht auch touristischer Hotspot für Flussfahrten auf historischen Flößen, Raftingbooten und Kajaks. In der Saison herrscht an und neben dem Fluss Hochbetrieb, im Hinterland findet man aber durchaus auch einsame Stellen. Obwohl es sich hier um zwei verschiedene Nationalparks handelt, ist eine gemeinsame Beschreibung sinnvoll.
Seit dem 16. Jahrhundert wurden hier Holz und Handelswaren
mit dem Floß bis zur Einmündung in die Weichsel transportiert,
und von dort mit Schiffen weiter bis zur Ostsee gebracht. Heute transportieren die Flöße nur mehr Touristen durch die malerische Schlucht, die Bauweise der Wasserfahrzeuge ist jedoch nahezu unverändert geblieben. Fünf lange, schmale Barken werden in der Breite mit Seilen verbunden und ergeben damit ein geräumiges Floß. An der Landungsstelle lösen die Flößer die Seile und transportieren die Einzelteile auf der Straße wieder zurück - früher mittels Pferdefuhrwerk, heute mit dem Tieflader. Auch die Tracht der Flößer ist historisch, es ist die Tracht der Goralen, des Bergvolks dieser Region. Weißes Hemd, bestickte blaue Weste und ein flacher Filzhut. Ebenso traditionell ist der Schmuck der Flöße aus Fichtenzweigen.
Größe: 3
Highlights: 7
Bedeutung: 5
Wildnis: 2
Service: 8
Öffis: 8
Mein Nationalpark: Es ist schon ein cooles Gefühl, wenn das Schlauchboot mit Zunder über die Stromschnellen schießt und dabei zwei, drei traditionelle Flöße überholt, die sich vorsichtig, voll mit Touristen beladen, in Ufernähe entlang handeln. Das ist meine erste Raftingtour überhaupt, der ich den Vorzug gegenüber einer Floßfahrt gegeben habe. Der Dunajec ist eigentlich kein sehr wilder Fluss. Dafür kann er umso mehr mit Landschaft punkten. Im knapp 10 km langen Teilstück zwischen Cerveny Klastor und Lesnicky bahnt sich der Fluss mit vielen Windungen seinen Weg, vorbei an senkrechten Felsen und dichtem Wald. Im Gegensatz zur Floßfahrt darf man beim Raften nicht nur die Landschaft
genießen, manchmal muss auch gearbeitet werden. "Paddle, please!" Das Kommando kommt von meinem exklusiven Rafting-Guide Samuel. Er ist polnischer Student und arbeitet hier im Sommerjob. Besonders in den engeren Windungen heißt es fleißig zu paddeln, um das Schlauchboot vom Steilufer fern zu halten. Hier am Fluss herrscht reger Betrieb - teilweise fast schon Kolonnenverkehr. Die große
Mehrheit der Wasserfahrzeuge bilden die Flöße, manchmal schießen auch schnelle Zweier-Kajaks an uns vorbei. Für einen Nationalpark ist hier eigentlich viel zu viel Betrieb, zumindest hier am Wasser wird sich die Tierwelt nur abends aus den Verstecken wagen. Aber was soll ich sagen, ich mach bei dem Spaß genauso mit. Das linke, polnische Ufer ist steil und weglos, manchmal streben
turmhohe Felsen direkt vom Wasser in die Höhe. Rechts auf slowakischem Gebiet verläuft hingegen in Ufernähe ein stark frequentierter Wander- und Radweg. Nach einer guten Stunde am Fluss steuert Samuel eine Kiesbank
am slowakischen Ufer an, der Endpunkt ist erreicht. Hier endet eine Zufahrtsstraße an einer weiten Fläche, wo zwei Laster eben mit den Floßteilen
für den Rücktransport beladen werden. Interessiert beobachte ich den Ladevorgang. Binnen 15 Minuten sind die beiden Fahrzeuge fertig bepackt und die Flöße festgezurrt . Als die LKWs losfahren, kommen bereits die nächsten beiden leer an. Ein perfekt
durchorganisierter Ablauf, ein perfekt durchgeplantes Geschäft. Als mich beim Rückweg eine
Regenfront erwischt, setze ich mich in einen offenen Unterstand am Ufer, beobachte das Treiben am Dunajec und beginne zu zählen.... In einer halben Stunde verzeichne ich 30 Flöße, 14 Raftingboote und
ein Dutzend Kajaks. Im Durchschnitt sitzen 10 erwachsene Fahrgäste in einem Floß, vorsichtig geschätzt dauert der Betrieb 7-8 Stunden täglich. Wenn man den durchschnittlichen Fahrpreis von 15 Euro hochrechnet, beträgt der Umsatz alleine der Floßfahrten über 60.000,- Euro täglich - eindeutig ein Millionengeschäft. Im Internet findet man die Information, dass die Vereinigung der Flößer vom
Dunajec über 500 Mitglieder aufweist. Und die wollen schließlich alle ihr Auskommen haben.
Am Ende des 9 km langen Weges passiere ich im Ort Cerveny Klastor das namensgebende
mittelalterliche Kartäuserkloster. Heute ist es ein Museum. Angeblich lebte hier im 18. Jahrhundert ein erfinderischer Mönch namens Pater Cyprian, der einen Flugdrachen konstruierte und damit als
vermutlich erster Drachenflieger überhaupt vom polnischen Dreikronenberg über den Dunajec bis in den Klostergarten segelte. Wenn die Geschichte nicht stimmt, ist sie gut erfunden.
Am nächsten Tag möchte ich diesen 982 m hohen "Dreikronenberg" (Trzy Korony) auf polnischer Seite
besteigen. An Stelle einer mittelalterlichen Furt verbindet heute eine moderne Fußgänger- und Fahrradbrücke die beiden Länder und in Zeiten von Schengen fragt auch niemand nach dem Reisepass.
Der markierte Pfad führt anfangs durch einen felsigen Graben, dann weiter steil durch den Wald empor.
Kurz vor dem Gipfel gibt es plötzlich Stau. Ich brauche eine Weile, um den Grund dafür zu erkennen.
Für das Betreten des Gipfels wird Eintrittsgeld erhoben, und die vielen Interessenten reihen sich im Gänsemarsch vor einer aufwendigen Steiganlage mit Einbahnregelung an. Direkt vor dem kleinen Gipfelplateau heißt es neuerlich warten, bis einige Leute von oben absteigen und Platz machen. Der Ausblick ist schließlich großartig, die Nationalparks und der mäandrierende Dunajec liegen vor mir ausgebreitet. In Richtung Norden lässt sich an klaren Tagen sogar die Stadt Krakau erkennen, das behauptet zumindest der junge Pole neben mir. Heute funktioniert das nicht, es ist trüb und beginnt eben zu regnen. So steige ich wieder runter und lasse den nächsten nachkommen. Als Abstiegsroute schlägt mir meine Wander-App einen anderen Weg vor. Und dort bin ich seit meiner Ankunft das erste
Mal völlig alleine unterwegs und genieße schöne Waldszenerien und tolle Ausblicke auf den Dunajec.
Das Gebiet mit Flora und Fauna:
Die Hügelketten beiderseits dieser Grenze werden Pieninen genannt und erreichen über 1000 m Höhe. Der Fluss hat hier im weichen Kalkgestein ein wildes Durchbruchstal geschaffen, dessen Ufer dicht mit Mischwald bewachsen sind. Manche Bäume krallen sich abenteuerlich an schmale Felskanzeln. Sehr viele Schmetterlinge sind am Ufer des Dunajec unterwegs, in der Abenddämmerung sah ich jede Menge Fledermäuse auf Insektenjagd. Im Info- Zentrum Cerveny Klastor ist zu lesen, daß hier ebenso eine gesunde Population des Fischotters existiert.
Rings um die beiden Nationalparks wird diese Region intensiv landwirtschaftlich genutzt. Umso wichtiger ist der Schutz dieser kleinen Oase, den ganzen Trubel am Fluss kann man vermutlich als notwendiges Übel im Tausch gegen die Bewahrung dieser Naturlandschaft bezeichnen.
Gut markierte und gepflegte Wanderwege, Radverleih, Infomaterial, eine Fülle an Möglichkeiten für Flussbefahrungen und viele Unterkünfte ringsherum - am Serviceangebot mangelt es gewiss nicht. Die Übernachtungskosten sinken deutlich mit der Entfernung zum Fluss. Ich nächtigte im 4 km entfernten Ort Spisska Stara Ves, was durch die gute Busanbindung zum Nationalpark kein Problem darstellte. Die Nationalparks sind ohne weiteres öffentlich erreichbar, auch wenn vom Bahnhof Poprad Tatry (bis dahin sind es 4 Stunden Zugreise aus Bratislava) eine längere Fahrt mit dem Lokalbus ansteht.
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