18. NATIONALPARK KRKA , KROATIEN
Der eindrucksvolle Wasserfall "Skradinski bug" |
Nationalpark Krka , Sibenik-Knin, Kroatien
Größe: 109 km2
Gegründet: 1985
Besucht: September 2023
Charakteristik:
Auf eine Länge von 45 km zwischen Knin und der Mündung in die dalmatinische Adria nahe dem Städtchen Skradin ist der Lauf des Flusses Krka mitsamt seinen Uferlandschaften als Nationalpark geschützt. Die Hauptattraktion bilden die vielen außergewöhnlich schönen und spektakulären Wasserfälle. Überall gurgelt, sprudelt und rauscht es inmitten üppiger Vegetation. Die Landschaft dieses ehemaligen Drehortes einiger "Winnetou" - Verfilmungen der 1960er Jahre ist großartig anzusehen, leider wurde der Park inzwischen als Touristen - Massenziel ausgebaut und kann durchaus als völlig überrannt bezeichnet werden. In der Saison ist manchmal auf den Wegen bei den besten Aussichtspunkten kaum ein Weiterkommen möglich und auch der Motorenlärm der Shuttlebusse stört das Naturerlebnis nachhaltig.
Größe: 3 Highlights: 7 Bedeutung: 5 Wildnis: 4 Service: 7 Öffis: 4
BEWERTUNG: 5,0
"Mein Bruder" - Winnetou im Nationalpark
In den 60ern wurden die klassischen Winnetou - Romane von Karl May sehr erfolgreich verfilmt. Berühmt wurde Pierre Brice in der Hauptrolle. Der Regisseur Harald Reinl fand im heutigen Nationalpark Krka den idealen Drehort für fünf Winnetou - Schinken: Winnetou I, Old Shatterhand, Unter Geiern, Der Ölprinz, Winnetou und Shatterhand im Tal der Toten. Unter anderem entstand vor dem Hintergrund der Skradin-Fälle die legendär-romantische Liebesszene zwischen Old Shatterhand und Winnetous Schwester Nscho-Tschi. Auch in den Nationalparks Paklenica und Plitvicer Seen wurden Winnetou-Szenen gedreht. Die kroatische Fremdenverkehrswerbung schlachtet dies unter dem Titel "Auf den Spuren von Winnetou in Kroatien" natürlich kräftig aus.
Mein Nationalpark (September 2023): Bereits beim Verlassen des Linienbusses aus Sibenik ist sofort klar, dass dies keine einsame Wanderung werden wird. Massen von Menschen quellen aus Autos und Reisebussen, die Plätze vor den vielen Lokalen sind alle besetzt und Schlangen bilden sich vor den Kassen. Auch der Eintrittspreis ist gesalzen, 40 Euro habe ich bisher noch bei keinem Nationalpark gezahlt. Ich verzichte auf den inkludierten Shuttlebus und mache mich zu Fuss auf den Weg in Richtung der ersten Wasserfälle. Der Wanderweg führt in Kehren durch den Wald abwärts, zwischen den Bäumen wird manchmal ein schöner Blick auf das Krka - Tal unterhalb der Wasserfälle frei.
200 Höhenmeter tiefer am Beginn der eigentlichen Highlights treffe ich am Ende der Bus - Straße auf all die Besucher, die den Shuttleservice genutzt haben und sofort ist die kurze Phase der relativen Einsamkeit vorbei. Im Gänsemarsch geht es über befestigte Wege und kleine Brücken durch ein hübsches Waldgebiet mit dutzenden Bächen und kleinen gurgelnden Wasserfällen . Es gibt nicht sehr viele Wanderwege in diesem Park, und dieser ist der populärste. Es ist ein 2 km langer Rundweg durch dichte Vegetation um die berühmten Fälle von Skradin herum. An einigen Stellen haben sich smaragdfärbige Tümpel und kleine Seen gebildet, die von Kaskaden gespeist werden. Seufzend stelle ich mir vor, wie schön es wäre, hier irgendwo alleine zu sitzen und die Pracht zu genießen.
Als ich einen unscheinbaren, abzweigenden Pfad erspähe, nütze ich diesen Fluchtweg sofort. Das Wegerl endet an einem steilen Hang, über den ein prächtiger Wasserfall schäumend herabstürzt. Das Donnern des Wassers übertönt den Lärm der Massen und das Motorengeräusch der Shuttlebusse. Zufrieden setze ich mich auf einen Felsen. Fünf Minuten lang. Dann höre ich raschelnde Geräusche und eine männliche Stimme in wohlbekanntem wienerischen Idiom: "Mamma, des glaubst ned! Do is nu a Wossafoi!" Ein riesiges Hinterteil rutscht den Steilhang herunter, dahinter folgt ein weiteres, ebenso voluminöses. Papa und Mama, beide Mitte 50, rappeln sich hoch, grüßen mich leutselig und lassen sich schnaufend neben mir nieder. Diese deutliche atmosphärische Verschlechterung veranlasst mich zur Rückkehr zum offiziellen Weg und zur Wiedervereinigung mit dem Hauptrudel.
Nach der Überquerung der völlig überfüllten Brücke unterhalb des Skradin-Wasserfalls erreicht man mit ein wenig Gegenanstieg einen ebenen Bereich, wo eine kleine Aussichtskanzel mit Geländer über die Kaskaden hinausragt.. Dieses "Belvedere" wurde bereits im Jahr 1875 zum Anlass des Besuches
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Auch er war hier! |
Später bewege ich mich vom allgegenwärtigen Gewimmel weg in Richtung Norden. Ein wesentlich ruhigerer Wanderweg führt am Ufer der Krka entlang aufwärts zu den oberen Katarakten, die beiden nächsten sind "Roski slap" und "Miljaska slap". Der Flusslauf bildet hier stille, verträumte Seitenarme, die von dichtem Gestrüpp umgeben sind. Dort verweile ich lange in der Hoffnung, Reptilien zu entdecken. Tatsächlich erblicke ich eine kleine Schildkröte, möglicherweise eine dalmatinische Landschildkröte. Die erhofften Schlangensichtungen ergeben sich leider nicht, aber große Fischschwärme sind im stehenden Flachwasser zu erkennen.
Ich lasse mir mit dem Rückweg Zeit, um nach Abfahrt der meisten Touristenbusse nochmals den tollen Skradin-Fall , und dieses mal fast alleine, zu genießen. Dafür verpasse ich den Linienbus nach Sibenik und teile mir ein Taxi mit einer englischen Familie. Die Bilder der großartigen Wasserfälle werden mir noch lange im Kopf bleiben, der Massenauflauf im Nationalpark allerdings ebenso.
Das Gebiet: Der Fluss Krka entspringt nahe der Stadt Knin und tritt bald danach in eine enge Felsenschlucht ein. Bis zur Mündung in die Adria überwindet die Krka mehr als 200 Höhenmeter in mehreren Geländestufen, über die sich die berühmten Wasserfälle ergießen. Der größte Teil des Flusses ist Nationalparkgelände. Der wenige Kilometer lange Bereich unterhalb
der Wasserfälle führt Brackwasser und ist vom Meer her für kleinere Schiffe befahrbar.
Die Region Knin besitzt eine traurige jüngere Vergangenheit, hier fanden während des Kroatienkrieges von 1991 bis 1995 gleich mehrere schreckliche Kriegsverbrechen statt. Erst geriet die Stadt unter die Kontrolle serbischer Paramilitärs und der kroatische Bevölkerungsanteil wurde brutal vertrieben. 1995 eroberte die kroatische Armee das Gebiet zurück, laut Anklagen des Internationalen Strafgerichtshofes kam es dabei erneut zu furchtbaren Menschenrechtsverletzungen, diesmal an der serbischen Bevölkerung.
Kleine Höhle beim Skradinfall |
Geologie, Flora und Fauna: Stark verkarstetes Kalkgestein bildet den Untergrund. Vor allem im Verlauf der vielen Haupt- und Nebenbäche bei der Skradin - Geländestufe hat sich durch Ausscheidung von CO2 aus dem kalkhaltigen Wasser Travertin gebildet, ein poröser Kalkstein, der in und neben dem Fluss wunderbare Terrassen formt. Das dschungelhafte Dickicht am Wasser besteht zu 60 % aus mediterraner und zu 20 % aus südeuropäischer Flora. Auf die Gefahr von invasiven Pflanzenarten ("Aliens") weist ein Schild hin. Einer dieser Neophyten, ein wild wuchernder Strauch namens "Ailanthus altissima" scheint tatsächlich bereits große Areale zu dominieren. Im Rahmen eines Projekts soll die Pflanze bis 2025 im Park ausgerottet werden. Unter den Reptilien ist neben zwei Schildkrötenarten auch die Hornotter heimisch, Europas giftigste Schlangenart. Allerdings ist es bei all dem Getrampel äußerst unwahrscheinlich, dass sich diese erschütterungsempfindlichen Tiere auch nur in die Nähe der Wanderwege wagen.
Service und öffentliche Anbindung: Durch fünf Eingänge gelangt man in den Nationalpark. Die wichtigsten befinden sich bei Skradin und bei Lozovac, letzteren habe ich benützt. Von hier fahren Shuttlebusse hinunter zum Fluss ganz in der Nähe der schönsten Wasserfälle. Die Wege, Brücken und Treppen sind gut ausgebaut, es existieren auch Lokale und Fressbuden. Generell ist das Preisniveau sehr hoch bis hin zur Grenze der Unverschämtheit: Parkeintritt: 40 Euro, kurze Bootsfahrt zu den oberen Katarakten: 25 Euro, Semmel mit Senf und 3 Cevapcici to go: 19 Euro.
Die öffentliche Anreise führt wie oft in Südeuropa ein stiefmütterliches Dasein. Brauchbare Zugverbindungen existieren nicht und vom Busbahnhof Sibenik gibt es nur drei Busverbindungen täglich., Taxis sind in Sibenik und am Nationalparkeingang Lozovac jedenfalls vorhanden.
Ob sich der Nationalpark angesichts des Massenauflaufs und der offensichtlichen Abzocke lohnt, muss wohl jeder für sich entscheiden. Die großartige Natur würde sich auf jeden Fall einen Besuch verdienen.
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