25. INSEL CAPRAIA , NATIONALPARK TOSKANISCHER ARCHIPEL , ITALIEN


 




Die  Buchten Capraias, wie hier die Spiaggia della Mortola,  sind nur zu Fuss oder per Boot zugänglich











INSEL CAPRAIA , NATIONALPARK TOSKANISCHER ARCHIPEL  ,  TOSKANA  ,  ITALIEN

Größe:   Nationalpark:  178 km2 Landfläche und 567 km2 Meeresfläche.  Capraia:  19 km2

Gegründet:   1996

Besucht:   April  2024

Charakteristik:  Sieben unterschiedliche Inseln vor der toskanischen Küste und dazugehörige Meeresflächen bilden dieses Schutzgebiet, wobei Elba und Montecristo wohl am bekanntesten sind. Pianosa, Giglio und das von mir besuchte Capraia kennen hingegen nur wenige.

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Aussichtsreiche Wanderwege erschließen den Süden der Insel Capraia












Das Gebiet:  Der Nationalpark umfasst sieben dem toskanischen Festland vorgelagerte Inseln: 
Elba ist mit  224 km2 bei weitem die größte davon, allerdings zählen auf ihr nur diverse  Küstengebiete zum Schutzgebiet.  Gilglio, Giannutri, Montecristo und Pianosa befinden sich südlich und südöstlich davon, während Gorgona und Capraia nordwestlich von Elba im Ligurischen Meer liegen.  Manche der Inseln sind für Ereignisse der Vergangenheit berühmt - Elba als erster Verbannungsort Napoleons von 1814 bis 1815,  Giglio als Unfallort des Kreuzfahrtsschiffs "Costa Concordia" im Januar 2012,  als das Schiff mit einem Felsen nahe am Ufer kollidierte und sank. 32 Menschen kamen dabei ums Leben.  Auf Montecristo steht nur eine Wildhüterstation, der Zugang ist stark eingeschränkt und genehmigungspflichtig. Pianosa beherbergte bis 1998 ein Hochsicherheitsgefängnis, heute befinden sich noch Justizeinrichtungen einer geringen Sicherheitsstufe auf der Insel.  Auch Gorgona besitzt noch ein Gefängnis mit etwa 70 Häftlingen. Mein Reiseziel Capraia, früher ebenfalls Gefängnisinsel,  zeigt sich heute als wahres mediterranes Traumeiland mit 10 km Länge und 2 km Breite.  Zwei kleine Orte liegen an der nördlichen Küste, es existieren lediglich 5 km befahrbare Straßen und der gesamte Rest ist eine duftende Oase aus dichtem Macchia-Bewuchs,  spektakulären Steilküsten und einsamen Buchten.  Der höchste Punkt wird mit 447 m ü.d.M. am Monte Castello erreicht.
Die Festung San Giorgio oberhalb des Hauptortes Capraia Isola

Größe:  Mit den geschützten Meeresflächen recht ansehnliche Gesamtgröße.  Capraia ist beinahe zur Gänze Nationalpark.
Bedeutung und Naturschutz:  8  Angesichts der Erschließung und Zersiedelung des mediterranen Naturraums ein enorm wichtiges Schutzgebiet. Strenge Zutrittsbeschränkungen für Montecristo, Gorgona und Pianosa.
Highlights: (Capraia)   Unverbaute Natur und schöne Küstenabschnitte, einige beeindruckende Steilfelsen.
Wildnisfaktor (Capraia):   6   Einsamkeit und relative Unberührtheit außerhalb des kleinen Siedlungsgebietes.
Service  (Capraia)5   Durchschnittlich.  Die Wegemarkierungen fallen teilweise etwas dürftig aus. 
Öffentliche Erreichbarkeit (Capraia) Tägliche Fährverbindung von Livorno, auf der Insel sind dann Fußmärsche angesagt.

Meine Bewertung:    6,1

Die "Cala rossa" ist ein durch Eisenoxyd rötlich gefärbter Küstenabschnitt im Süden der Insel









Mein Nationalpark:  Bereits bei der Annäherung der täglichen Fähre aus Livorno zeigt sich der Zauber von Capraia. Steile, mit Buschwerk bewachsene Hänge ohne jegliche Bebauung steigen ringsum in die Höhe, nur im kleinen Hafen Porto Veccio steht an der Mole eine Häuserreihe und jenseits der Bucht überragt eine Festung den Hauptort Capraia Isola.  Lediglich ein Dutzend Kraftfahrzeuge, vor allem Lieferwägen vom Festland, und eine Handvoll Fußtouristen verlassen das Schiff.  Hier herrscht eine sehr gemächliche Atmosphäre, nur die Besatzungen der zahlreichen Segelboote am Pier sorgen für ein bisschen Trubel.  
Der winzige Hafenort Porto Veccio











Am nächsten Morgen machen Willi und ich uns dann auf, um der Ostküste entlang den südlichsten Punkt der Insel zu erwandern.  Zu Beginn fungiert der Weg als eine Art botanischer Lehrpfad mit Erklärungstafeln zu den einzelnen Gewächsen der Macchia, um dann ins Inland anzusteigen. Nach einer halben Stunde stehen wir vor einem alten, halb verfallenen Kirchengebäude unter Steineichen, der Chiesa di Santo Stefano. Das alte Gemäuer ist völlig ausgehöhlt, ganz hinten befindet sich aber ein provisorischer Altar mit einem vollen Körbchen handgeschriebener Zettel.  Offenbar handelt es sich um persönliche Bitten an den heiligen Stefan. Auch einige ausgefüllte Lottoscheine sind darunter zu erkennen.
Die Kirchenruine von San Stefano








Zwar liegt der höchste Punkt unserer Wanderung lediglich 200 Meter über dem Meer, bedingt durch die vielen Ab- und Aufstiege in quer verlaufenden Talungen läppern sich aber doch einige Höhenmeter zusammen. In manchen diesen Niederungen enthält der Boden ausreichend Flüssigkeit für kleine Wäldchen.
Sogar einige kleine Tümpel mit fast schwarzem Wasser 
glitzern zwischen den Bäumen. Weiter geht es durch ausgedehnte Macchia- Flächen zwischen niederen Hügeln, linker Hand schweift der Blick über das Meer bis Elba.  Immer wieder durchsteigen wir kleine Trockentäler, die in einsame Buchten an der Ostküste der Insel einmünden.  In der Ferne zeigt sich bereits unser Tagesziel: Der "Torre del Zenobito" markiert die Südspitze Capraias.  Hier zeigt sich aufs Neue, dass Nationalparks eine großartige Sache sein können. Gerade Italien ist leider ein Musterbeispiel dafür, wie Küstenlinien und Naturareale am Mittelmeer seit den Sechzigerjahren des letzten Jahrhunderts zum großen Teil durch Straßen und Ferienanlagen verbaut wurden. Eine naturbelassene italienische Insel wie diese mit intakten Küsten, wenigen Hotels und fast ohne Straßen besitzt heute Seltenheitswert und ist ohne besonderen Schutzstatus eigentlich kaum mehr vorstellbar. 
Dichte Macchia bedeckt das Inselinnere


Der "Torre de Zenobito" an der Südspitze Capraias wurde 1545 von Genuesen errichtet

 























An der "Cala Rossa" mischen sich  rötlich gefärbte Vulkan- und Sedimentgesteine






Von unserem Rastplatz beim Torre de Zenobito ist Kap Corse zu erkennen, die Nordspitze Korsikas, welche weniger als 30 km entfernt im nachmittäglichen Dunst aus dem Meer ragt. Zur anderen Seite blicken wir seitlich in die roten Felsen der "Cala Rossa" hinein, eine fotogene Steilküste, die als eine der Hauptsehenswürdigkeiten der Insel gilt. Ringsum lassen sich riesige Möwen von den Aufwinden treiben und wagen sich nahe heran. Die Rast vor dem Rückweg fällt eher kurz aus. Es hat sich nämlich herausgestellt, dass wir deutlich zu wenig Wasservorrat dabei haben und so brechen wir vorzeitig auf . An einer unübersichtlichen Stelle am Wanderweg gehe ich mal 50 m voraus, als ich Willi plötzlich rufen höre. Er ist auf einer Felsplatte ausgerutscht und böse gestürzt. Nach einer Schrecksekunde steht fest, dass ihm außer Prellungen, Abschürfungen und einer riesigen Beule am Schienbein nichts zugestoßen ist.  Danach verlangsamen wir unser Gehtempo deutlich.  Willi beißt die Zähne zusammen und hält tapfer durch. Der Rückweg zieht sich zwar, aber lange vor der Dämmerung fallen wir in eine Bar am Hafen von Porto Veccio ein, um unsere Flüssigkeitsbilanz schnell wieder auszugleichen. 
In der Macchia oberhalb des Meeres suchen sich Mittelmeermöwen ihre Brut- und Rastplätze










Geologie, Flora und Fauna (Capraia):   In erster Linie ist Capraia vulkanischen Ursprungs,  die Schichten aus Eruptivgestein sind an vielen Steilküsten gut zu erkennen und ihre Felsstufen dienen Seevögeln als ideale Brutplätze. Dazu gesellen sich Sedimentgesteine aus Kalken, wo sich im Inselinneren einige kleinere Höhlen gebildet haben.  In der Pflanzenwelt dominieren Macchia-Gesellschaften aus Heidekraut, Wacholder, Thymian, Myrte und Ginster. 
Immergrün
Überraschend viele Blütenpflanzen bedecken weite Areale, vor allem das Immergrün und die weiße Zistrose sind überall zu sehen. An der Küste und in den Niederungen gedeihen kleine Wälder aus Steineichen und Kastanien.  Aus der Tierwelt wird der Wanderer vor allem Vögel wahrnehmen, an den Steilküsten nützen Mittelmeermöwen und Sturmtaucher geschickt die Aufwinde. Grüne Smaragdeidechsen sieht man häufig über die Wege huschen. Die einzige Schlangenart Capraias ist die ungiftige Gelbgrüne Zornnatter, die laut einschlägiger Literatur nur in den westlichen Hügeln der Insel vorkommt. Auf Elba hingegen kann man auch auf die giftige Aspisviper treffen, die unserer Kreuzotter recht ähnlich ist.  Die Wasserflächen des Nationalparks sind Rückzugsorte für die extrem seltene Mönchsrobbe, die noch heute im Gebiet des Toskanischen Archipels vorkommt.

Die Torremar-Fähre erreicht Capraia einmal täglich














Service und öffentliche Anbindung:  Im Hafen Porto Veccio befindet sich ein Infocenter des Nationalparks, allerdings mit etwas unklaren Öffnungszeiten. Hier im Hafen lassen sich Motorboottaxis mieten, um eine der einsamen Buchten von See her anzusteuern. Ein kleiner Supermarkt versorgt Einheimische, Segler und die wenigen Wandertouristen. Diese können aus etlichen markierten Routen in den Süden und Westen der Insel wählen, allerdings sind die Wegemarkierungen mancherorts weit von einander angebracht und die Wegfindung erfordert etwas Gespür.  Unterwegs gibt es keinerlei Möglichkeit zur Einkehr, die beiden einzigen Dörfer der Insel liegen nahe beisammen im Norden.  Die wenigen Übernachtungsbetriebe sind schnell ausgebucht. Einmal täglich verbindet eine kleine Fähre von "Torremar" die Insel mit der Hafenstadt Livorno, welche über Florenz gut an das italienische Bahnnetz angebunden ist. 

Vom Monte Capo  lässt sich die einzige besiedelte Bucht der Insel gut überblicken



  

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