27. NATIONALPARK HOHE TATRA , SLOWAKEI
 
















Nationalpark Hohe Tatra,   Presovsky Kray,   Slowakei

Größe:   738 km2   Gegründet:   1949   Besucht:   Juni 2024











CHARAKTERISTIK:  

Interessantes Hochgebirge mit Gipfelhöhen bis 2600 m ,  schroff gezackten Berggestalten aus dunklem Granit mit vielen Bergseen und guter Infrastruktur für Wanderer und Bergsteiger.

Der Popradske Pleso (Poppersee) mit der Berghütte Chata pri Popradskum auf 1500 m Seehöhe


Bewertung:

Größe:   ausgedehntes Schutzgebiet 
Bedeutung/Naturschutz:  Der Schutzstatus verhindert die weitere Verbauung. Das beliebteste Gebirge der Slowakei wird  intensiv besucht
Highlights:  6   Gezackte Felsgipfel und stimmungsvolle Bergseen
Wildnisfaktor:  5   Für einsame Wildnis-Momente muss man seine Wanderrouten gut planen.
Service:  7   Wanderkarten, bezeichnete Routen und gut markierte Wege existieren ausreichend. Das Preisniveau bei Übernachtungen und Gastronomie liegt deutlich über dem slowakischen Durchschnitt.  Etliche Schutzhütten sind über das Gebiet verstreut.
Öffentliche Erreichbarkeit:  9  Die Tatrabahn sorgt für einfache und bequeme Anreise zu den meisten Bereichen des Nationalparks


Meine Bewertung:   

6,6    

Mein Nationalpark  (Juni 2024):  Die slowakische Tourismuswerbung präsentiert die Hohe Tatra griffig als "kleinstes Hochgebirge der Welt".  In Wahrheit handelt es sich um den westlichsten Bereich der Karpaten und somit nur um ein Teilgebirge. Aber es wirkt tatsächlich wie ein eigenständiges Bergmassiv, wenn die dunklen, gezackten Gipfel eindrucksvoll über das Zipser Hügelland empor ragen.  Von meinem Stützpunkt, dem touristischen Zentrum Strbsko Pleso, fahre ich im modernen Triebwagen der Tatra-Bahn bis zur Haltestelle Popradske Pleso, wo meine Wanderung zum höchstgelegenen See der slowakischen Tatra, dem "Velke hincovo Pleso", beginnen soll. Die lärmende Klasse auf Ausflugsfahrt in der letzten Schulwoche verbleibt Gott sei Dank im Waggon, als ich an der kleinen Haltestelle mitten im Wald aussteige. Nach einer Stunde Aufstieg entlang einer Forststraße weist ein Schild auf den nahen symbolischen Bersteigerfriedhof hin. 

Symbolischer Friedhof















Hier ist niemand tatsächlich begraben. zahlreiche Gedenktafeln auf Felsblöcken und Bäumen erinnern an in der Tatra verunglückte Bergsteiger oder an Menschen aus der Region, die an anderen Bergen ums Leben gekommen sind. Dazwischen sind bemalte Holzkreuze aufgestellt. Ein sehr stimmungsvoller Platz. 10 Minuten später trete ich aus dem Wald ans Ufer des Popradske Pleso.
Seine Ufer sind dicht mit Nadelwald bestanden, am gegenüberliegenden Ufer steht die große Berghütte Chata pri Propradskum neben einem kleineren Gebäude, und ringsherum erheben sich die dunklen, gezackten Berggestalten der zentralen Tatra. Einfach nur wunderschön.
Vom Poppersee führen Wanderwege in alle Richtungen















Nach einem zweiten Frühstück am Ufer führt der Weg vorerst gemeinsam mit der Markierung zur "Meeraugenspitze" weiter, polnisch "Rysy", dem höchsten Punkt Polens. Hier ist die Landesgrenze recht nah, die Gehzeit bis zum Rysy-Gipfel und zurück ist mit 7 Stunden angegeben. Doch eine halbe Stunde später zweigt meine Route bereits davon ab und führt vorerst sanft bergauf. Bei einem
 Wasserfall wird ein Wildbach gequert, das Wasser stammt bereits von meinem Tagesziel, dem "Velke hincovo Pleso". Dicht am Wasserfall sitzt ein junger Mann und hält sich sein Knie, was mich zu einem Hilfsangebot veranlasst.
Zuerst bekomme ich keine Antwort und vermute schon, dass er nach einem Sturz vielleicht noch benommen ist, dann geht mir ein Licht auf: Er sucht nach den englischen Vokabeln für eine Antwort. "No problem, thank you. Waiting here for friends..." Zur Sicherheit bleibe ich ein noch ein paar Minuten sitzen, bevor es weitergeht. Nun wird es steil, über Felsstufen und Granitbrocken gewinnt man rasch an Höhe. An einer Kehre auf einem Felsrücken mit atemberaubender Aussicht folgt die nächste "Zwangspause": Eine Wanderin steht mitten am Weg und deutet stumm nach vorne, während sie einen Finger an die Lippen legt. Keine 15 Meter von uns entfernt grast eine Gruppe Tatra-Gämsen dicht neben dem Pfad. Ich sehe fünf erwachsene Tiere und zwei halbwüchsige Junge, die nebeneinander über den Hang toben. 

Tatra-Gämsen






Diese Unterart unserer Alpen-Gämse stand vor 20 Jahren knapp vor dem Aussterben, es lebten nur mehr etwa 200 Exemplare. Inzwischen ist ihre Zahl wieder deutlich angewachsen , und ihr Schutzstatus wurde durch die Internationale Naturschutzbehörde von "vom Aussterben bedroht" auf "stark bedroht" geändert. Das klingt leider nach wie vor nicht sehr beruhigend. Inzwischen haben sich leise weitere Wanderer zu uns gesellt und die Gruppe Homo sapiens beobachtet fasziniert die Gruppe Gämsen in ihrem angestammten Lebensraum.  Dann entfernen sich die Tiere und ich steige weiter aufwärts. 200 Höhenmeter oberhalb flacht das Gelände ab, der Talschluss und darin eingebettet der stille Bergsee liegen vor mir. Der Velke hincovo Pleso (Großer Hinzensee) ist das größte Gewässer der Hohen Tatra,740 m lang und 340 m breit, ganz am Ende des Hochgebirgstals auf 1946 m Seehöhe. Eine Reihe von Gipfeln erhebt sich über dem Ufer, der höchste ist der "Koprovsky stit" mit 2363 m. Ich suche mir einen gemütlichen Sitzstein am Ufer und verliere mich eine Weile in das Panorama und die Stille, bis jene durch eine ankommende Schulausflugs-Gruppe verloren geht, die sich neben mir niederlässt. Ein unüberhörbares Signal zum Aufbruch.  Beim Abstieg passiere ich wieder den kleinen Wasserfall, vom jungen Mann ist nichts mehr zu sehen, offenbar ist er wieder sicher im Tal zurück.




Das Gebiet mit Geologie, Flora und Fauna:  Der Nationalpark Hohe Tatra zieht sich südlich der polnischen Grenze zwischen Liptovsky Mikulas und Poprad Tatry gut 50 km von Westen nach Osten entlang und umfasst den Hochgebirgsteil der Hohen Tatra. Dieser westlichste Bereich der Karpaten besitzt mit der Gerlsdorfer Spitze (2655 m) den höchsten Punkt der Slowakei.  Der Nationalpark ist neben den dunklen Berggestalten aus Granit und Gneis auch für seine über 100 Bergseen berühmt. Unmittelbar nördlich schließt der polnische Nationalpark "Tatra" in Schlesien an, wodurch sich eine geschützte Fläche von fast 1000 km2 ergibt. 


Fichten dominieren den Waldgürtel bis 1600 m. Leider sind vor allem in den Randbereichen bei Strbske Pleso auch deutliche Waldschäden mit stark gelichteten Baumkronen zu sehen.  Auch die Sturmschäden eines Orkans im Jahr 2004 sind noch erkennbar.  Darüber beginnt der
Krummholzgürtel mit Latschenbewuchs und vielen Bergblumen wie Enzian und Steinbrecharten.  Die Säugetierfauna ähnelt mit Gämsen, Murmeltieren und Schneemäusen jener der Alpen, angereichert durch Braunbären und Wölfe. Beim Großen Hinzensee konnte ich einen Raubvogel beobachten, der die Aufwinde gekonnt nutzte. Wahrscheinlich handelte es sich dabei um einen Wanderfalken. 
Service und öffentliche Erreichbarkeit:  
Idealer Einstiegsort für Wanderungen ist der touristische Zentrum Strbske Pleso auf 1300 m Seehöhe. Hier trifft der Besucher auf einen Mix aus alten Villen und scheußlichen Hotelburgen, aber auch auf ein umfangreiches gastronomisches Angebot und einen kleinen Supermarkt. Das Preisniveau ist hier merkbar höher als im übrigen Land und gleicht jenem in Österreich. Günstiger und schöner und übernachtet man im Berghotel "Horsky Hotel Popradske Pleso" direkt am Poppersee, sofern man den 45 minütigen Zustieg von der gleichnamigen Bahnstation nicht scheut.  Viele ausgezeichnete Wanderwege durchziehen die Tatra und werden auch zahlreich genutzt. Beliebt ist die "Tatra-Magistrale" , ein Hochgebirgs-Weitwanderweg. Für Liebhaber öffentlicher Anreisen wie mich ist die Infrastruktur geradezu ideal:  Aus Bratislava geht es mit dem Fernzug bis zum kleinen Umsteigebahnhof Strba, wo man auf die Zahrradbahn nach Strbske Pleso umsteigt, ab dort bietet sich die Tatrabahn geradezu zur Weiterfahrt an. 

Die Tatrabahn


Um das Jahr 1904 begann der Bau einer Schmalspurbahn mit 1000 mm Spurweite von Poprad Tatry nach Strbske Pleso entlang des Südrandes der Hohen Tatra, mit einer Abzweigung nach Tatranska Lomnica.  Die Zuganbindung sollte bereits damals den Tourismus der Region ankurbeln. Aus Wien als Hauptstadt der Habsburger-Monarchie war die Anreise hierher kürzer als etwa nach Tirol. Fertiggestellt wurde die komplette Strecke 1912. Bereits von Anfang an war die Bahn für elektrischen Betrieb konzipiert. Heute benutzen sowohl Touristen als auch Anwohner gleichermaßen die modernen Triebwägen. Die Strecke führt von Poprad Tatry in der zentralen "Zips" nach Nordwesten ins Gebirge bis Stary Smokovec (Abzweigung der Stichbahn nach Tatranska Lomnica) und weiter bis Strbske Pleso.  Insgesamt können Fahrgäste aus 19 Haltepunkten wählen, um zu Wanderungen in die Hohe Tatra aufzubrechen. Ab dort wird der Kreis durch eine Zahnradbahn geschlossen, die 4,6 km lang die steilen Hänge bis Strba hinunter zuckelt und dort den Anschluß an die Hauptstrecke der Slowakischen Bahn zwischen Bratislava und Kosice herstellt. Die Fahrtkosten sind sehr überschaubar, die Verbindungen zahlreich, die Landschaft großartig: Also, auf in die Hohe Tatra!




















































































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