31. UND 32. NATIONALPARK RIESENGEBIRGE , POLEN und NATIONALPARK RIESENGEBIRGE, TSCHECHIEN

 










KONOSKI Park Narodowy (Nationalpark Riesengebirge, Polen)
Größe:   55,76  km2         Gegründet:   1959        Besucht:   August  2024

BEWERTUNG:  Größe:  3   Bedeutung/Naturschutz:  4   Highlights:  4   Wildnis:  3   Service:  Öffis:  8

Meine   Bewertung:   4,6














KRKONOSE Narodny Park (Nationalpark Riesengebirge, Tschechien)
Größe:    363,27  km2     Gegründet:   1963      Besucht:   August  2024
BEWERTUNG:   Größe:  6   Bedeutung/Naturschutz:  4   Highlights:  3   Wildnis:  3   Service:  6
Öffis:  7

Meine Bewertung:    4,8


Der polnische Teil mit dem Schlesierhaus und dem  Gipfel der Schneekoppe















Der östliche Hauptkamm des Riesengebirges mit dem "Weg der Freundschaft" bildet die Grenze zweier Staaten und zweier Nationalparks
















CHARAKTERISTIK:  Das Riesengebirge an der Grenze zwischen Tschechien und Polen beherbergt eher sanfte Gebirgsformen bis 1600 m Seehöhe mit Latschen-Bewuchs in den Hochlagen, dichte Wälder an den Flanken, weite Ausblicke ins Vorland und zwei Nationalparks, die bezüglich Management, Tourismus und Naturschutz einige Fragen offen lassen.
Das Schlesierhaus ist der Hauptstützpunkt für Wanderungen auf die Schneekoppe


4




Bilder, welche man


in  Nationalparks

nicht sehen möchte
Mein Nationalpark (August 2024):   Wenn man wie ich den Ehrgeiz entwickelt, möglichst alle europäischen Nationalparks zu besuchen, muss man halt touristische Auswüchse wie hier dann auch aushalten. Sessellifte, zugebauter Gipfelbereich, Massenbesuch und straßenbreite, gepflasterte Wanderwege. Nach eineinhalb Stunden Aufstieg vom polnischen Ort Karpacz passiere ich die Bergstation des Vierer-Sessellifts und ab hier bis zum Gipfel der Sniezka (Schneekoppe)  wird das Bergerlebnis dann endgültig zur Farce. Zu den bereits zahlreichen Wanderern aus dem Tal gesellen sich jetzt die Massen an Sessellift-Benützern, um die restlichen 300 Höhenmeter gemeinsam im Pulk zu meistern. Unterhalb der Gipfelkuppe steht das riesige "Schlesierhaus" , wo man vom überfüllten Gastgarten die Betonbauten am Gipfel bewundern kann. Ich komme mir mit Bergschuhen und Wanderhose direkt "overdressed" vor, denn die meisten Schneekoppe-Aspiranten gehen mit Turnschuhen oder Flip-Flops zu Werke. Der Gipfel der berühmten Schneekoppe ist erschreckend scheußlich. Ganz komme ich nicht dahinter, welchen Zweck die riesigen runden, offensichtlich leerstehenden Betonbauten haben sollen. Restaurantbetriebe nur für den Winter oder Überreste eines pleite gegangenen Tourismus-Unternehmens? 
Grenzübergang auf 1600 m Seehöhe
Immerhin ist der weite Ausblick in das Gebirgsvorland beider Staaten beeindruckend. 
Direkt über den 1602 m hohen Gipfel führt die Grenze zwischen Polen und der Tschechischen Republik, dahinter beginnt der tschechische Park. Hatte man im polnischen Teil in raffinierter Weise das Schlesierhaus, den zugebauten Gipfelbereich und sogar die schmale Trasse des Lifts noch wohlweislich vom eigentlichen Nationalpark-Areal ausgenommen, herrscht da auf tschechischer Seite weniger Skrupel.  Hier steht die unschöne Bergstation der Seilbahn direkt unterhalb des Gipfels mitten in der Kernzone. In der Hoffnung auf mehr Natur steige ich den Wanderweg talwärts. Über mir gleitet eine gut gefüllte Gondel nach anderen vorüber.  Die Wanderroute ist durchgehend mit seitlich begrenzenden Seilen abgesperrt, welche die natürliche Bodenvegetation vor trampelnden Touristen schützen soll. Das gelingt nicht immer, stellenweise zeigen sich deutliche Spuren illegaler Begehungen und auch eine Menge Müll liegt neben dem Weg herum. Endlich führt der Pfad 
Totholzareal im tschechischen Park
von der Lifttrasse weg, was eine Erleichterung darstellt. Am gegenüberliegenden Hang fallen großflächige Baumschäden ins Auge. Möglicherweise ist auch hier der Borkenkäfer daran schuld, es könnten aber auch Restschäden des sauren Regens sein, der in den Neunzigerjahren weite Teile der Riesengebirgs-Wälder verwüstet hat. Der markierte Weg führt stetig bergab in Richtung des tschechischen  Fremdenverkehrsörtchens Pec Pod Snezkou. Soweit möchte ich aber nicht absteigen, ich habe auf der polnischen Seite heute noch einiges vor und kehre um.  Eine Stunde später betrete ich die Kernzone des polnischen Nationalparks. Der Eintritt ist (theoretisch) kostenpflichtig: Am Hinweisschild prangt ein QR-Code. Scannt man diesen ein, lässt sich mit Kreditkarte die Tagesgebühr bezahlen. Obwohl diese mit 10 Zloty (2,40 Euro) eher symbolisch ausfällt, bin ich scheinbar der einzige, der sich diese Mühe macht.  Auf einer Hinweistafel wird erklärt, dass der Besucher hier ein sehr spezielles Ökosystem betritt: Ein Hoch-Torfmoor, das durch das Ramsar-Abkommen zum Schutz von Feuchtgebieten besonders bewahrt wird.











 
Das Torfmoor Upy
Dunkle, fast schwarz erscheinende Tümpel schillern geheimnisvoll zwischen den Gras- und Moospölstern neben dem Brettersteg. Eine weitere Schautafel erklärt die wissenschaftliche Bedeutung einiger sensibler Flechtenarten dieses Feuchtgebietes, welche als Indikator der Luftreinheit herangezogen werden. Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts war die Verbreitung dieser Flechten stark zurückgegangen, seit einigen Jahren erleben sie jedoch wieder einen deutlichen Aufschwung. Die Aufrüstung der kalorischen Kraftwerke Niederschlesiens und Tschechiens mit Filteranlagen zeigt offensichtlich die gewünschte Wirkung. 
Ich bin von den "Ballungsräumen" an der Schneekoppe weit genug entfernt, um den Zauber der Landschaft genießen zu können.  Hier ist die Natur wahrhaft schön. Am Ende der Wanderung glaubt man sich dann in den hohen Norden Europas versetzt.
Die Stabkirche Wang in Karpacz
 Auf einer Lichtung am Ortsrand von Karpacz steht eine prachtvolle norwegische Stabkirche namens "Wang". Diese stammt tatsächlich aus Südnorwegen, wo sie bereits im 12. Jahrhundert errichtet wurde und jahrhundertelang ihren Dienst tat. Um 1840 sollte sie abgerissen werden. Der preußische König Friedrich Wilhelm IV kaufte sie, ließ sie zerlegen und mühsam 1 Jahr lang über Land, Ostsee und Gebirge an ihren heutigen Standort verfrachten. Ein Stück Norwegen im Süden Polens - ein echtes Kuriosum. 
Der nächste Tag ist für einen Besuch des westlichen Riesengebirges vorgesehen. Hier befinden sich einige Wasserfälle, der "Wodospad Kamiencyka" (Zackenfall)  ist der größte davon. Ein Gebirgsbach 
stürzt über eine Granitkante in eine Schlucht. Hübsch, aber nicht sehr aufregend. Dennoch ist auch hier die Hölle los, vor dem Kassenhäuschen stauen sich die Menschenschlangen. Immerhin soll es der Legende nach an einem dieser Wasserfälle geschehen sein, dass Rübezahl sich in eine schöne Prinzessin verliebte und diese in sein unterirdisches Reich entführte. Besser gefallen mir die Wälder oberhalb der Kaskaden, wo schmale Pfade ins Dickicht führen. Bemooste Granitblöcke liegen zwischen den Stämmen herum. Ein Stück höher öffnet sich wieder ein Blick auf die verbaute Gipfelkuppe der Sniezka, diesmal aus einem anderen Blickwinkel. 
Am Rückweg steuere ich die mitten im Wald gelegene Bahnstation "Szklarska Poreba Huta" an. Eine Nebenbahn führt hier vom polnischen Jelenia Gora nach Harrachov in Tschechien und weiter bis Liberec. Die Trasse schlängelt sich zwischen Iser- und Riesengebirge durch ausgedehnte Nadelwälder und erlaubt vom Zug aus noch schöne Ausblicke auf die westlichen Hänge der beiden  Nationalparks zwischen dem südlichen Polen und der Tschechischen Republik. Harrachov am westlichen Rand des tschechischen Parks erweist sich als gesichtsloser Skiort mit der bekannten Skiflugschanze, die wie eine Burg über dem Dorf thront.


Plakatreihe mit Rübezahl-Motiven in Jelenia Gora

Rübezahl, Berggeist und Beschützer des Riesengebirges

Kaum eine andere Sagengestalt ist mit einer bestimmten Region so verbunden wie diese mit dem Riesengebirge. Die ersten Geschichten von Rübezahl tauchen im 16.  Jahrhundert auf.  Er wird als geisterhafter und zaubermächtiger Riese, manchmal mit einem Geweih auf dem Kopf, dargestellt. Sein unterirdisches Reich liegt tief unter dem Riesengebirge. Manchmal steigt er an die Oberfläche, hilft den Menschen oder kommt in Konflikt mit ihnen. Der Schriftsteller Johannes Praetorius charakterisierte ihn als sehr ambivalent und launisch: Eben noch hilfsbereit und gerecht, im nächsten Moment aber arglistig und jähzornig. Später machte ihn der Volksmund zum Beschützer der Armen und Rächer an jenen, die dem Riesengebirge schaden wollen. Im Lauf der Jahrhunderte entstanden viele Geschichten und Bilder über den Berggeist. Im Jahr 1957 wurde dann der deutsche Spielfilm-Klassiker "Rübezahl, Herr der Berge" und in den Achtzigern mehrere Puppentrickfilme in der DDR und CSSR produziert.  Heutzutage hätte der "Beschützer des Riesengebirges" angesichts der Umweltsünden auf jeden Fall einiges zu tun.

Blick über die Kernzone des polnischen Nationalparks













Das Gebiet mit Flora und Fauna:  Das Riesengebirge ist ein stark von den lokalen Eiszeitgletschern verformtes Granitgebirge an der Grenze zwischen Tschechien und Polen. Abgerundete Gipfel und Bergkämme sowie ausgeprägte Gletscherkare sind typisch für diese Landschaft.  Der polnische Nationalpark im Süden des Örtchens Karpacz ist klein und konzentriert sich auf den Schutz des zentralen Waldgürtels zwischen 1000 und 1400 m, auf die Gletscherkare und Hochmoore. Der tschechische Teil ist bedeutend größer und reicht im Westen bis Harrachov.  Der ursprüngliche Nadelmischwald an den Berghängen ist nur mehr an einigen Stellen erhalten. Dieser wurde seit Jahrhunderten geschlägert und durch Fichten-Monokulturen ersetzt.  Genau jene waren dann in den 1980er Jahren sehr anfällig für den toxischen "Sauren Regen". Ältere Semester erinnern sich wahrscheinlich noch schaudernd an die Bilder von riesigen abgestorbenen Waldflächen im Riesengebirge, ehe großflächig verbaute Filteranlagen für reinere Luft sorgten.  Die Fauna ist nicht reichhaltig, die größten Säugetiere sind Hirsche, Rehe und Mufflons.
Vom Bahnhof  Szklarska Poreba erwandert man den westlichen Teil des Konoski park Narodowy

Service und Öffentliche Erreichbarkeit:  Karpacz ist ein langgezogenes Straßendorf mit guter touristischer Infrastruktur. Auch das Informationszentrum des Nationalparks und ein "Riesengebirgsmuseum" befinden sich hier. In diesem Ort zu übernachten bringt den Vorteil, direkt per Fuß loslegen zu können, die Anreise erfolgt per häufig verkehrendem Lokalbus aus der 75.000- Einwohner-Stadt Jelenia Gora.  Ich habe es vorgezogen, in letzterer zu nächtigen.  Außer der stimmungsvollen Altstadt mit vielen Rokoko-Wohnhäusern und Laubengängen bietet die drittgrößte Stadt Niederschlesiens eine bequeme Bahn-Anreise über Katowice und Wroclaw sowie eine weitere Zugverbindung nach Szklarska Poreba am westlichen Rand des Nationalparks. Möchte man die Parks von Tschechien aus besuchen, ist die Stadt Vrchlabi mit Bahnanschluß im Süden des Riesengebirges ein guter Ausgangspunkt. 
Jelenia Gora bezaubert mit seiner Rokoko-Altstadt





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