37. NATIONALPARK GARGANO , APULIEN , ITALIEN
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Die Küste des Gargano östlich von Mattinata |
Größe: 1181 km2
Gegründet: 1991
Besucht: Januar 2025
Charakteristik: Der Gargano ist der "Sporn des italienischen Stiefels". Unweit der Provinzhauptstadt Foggia beginnt das apulische Tiefland zu einem Hügelgebirge anzusteigen, das in Richtung Osten in die südliche Adria hineinragt. Die Hügel sind im Unterschied zum restlichen Apulien dicht bewaldet, die zerklüftete Küste zeigt vielerorts steile Felsklippen, Brandungshöhlen und aus dem Meer ragende Felstürme. Die Halbinsel ist während der Sommersaison ein beliebtes Urlaubsziel für Badetouristen, für den Rest des Jahres versinkt die abgelegene Region in eine Art Dornröschenschlaf
Charakteristik: Der Gargano ist der "Sporn des italienischen Stiefels". Unweit der Provinzhauptstadt Foggia beginnt das apulische Tiefland zu einem Hügelgebirge anzusteigen, das in Richtung Osten in die südliche Adria hineinragt. Die Hügel sind im Unterschied zum restlichen Apulien dicht bewaldet, die zerklüftete Küste zeigt vielerorts steile Felsklippen, Brandungshöhlen und aus dem Meer ragende Felstürme. Die Halbinsel ist während der Sommersaison ein beliebtes Urlaubsziel für Badetouristen, für den Rest des Jahres versinkt die abgelegene Region in eine Art Dornröschenschlaf
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Die Bucht von Mattinata im südwestlichen Teil des Nationalparks |
Mein Nationalpark (Januar 2025): Manfredonia ist keine schöne Stadt. Zwar liegt sie an einer weit geschwungenen Bucht zwischen der apulischen Tiefebene und den Hügeln des Gargano, es existiert aber keine nennenswerte Altstadt und die rechtwinkeligen Straßenblocks bestehen aus einem Mix aus unrenovierten alten Häusern und reizlosen neuen Betonbauten. Von hier führen zwei Straßen durch den dünn besiedelten Gargano nach Vieste ganz im Osten der Halbinsel, Wanderwege scheint es allerdings nicht zu geben. Dann werde ich halt von Mattinata, loslegen, dem ersten Ort im Nationalpark, notfalls auf der Küstenstraße. Vielleicht finden sich dort Wanderwege. Wie stets in Süditalien bekommt man das Ticket nicht im Bus und auch nicht bei einem Automaten, sondern ausschließlich in der Bar an der Piazza. Während ich auf den Bus warte, beobachte ich das Treiben ringsherum. Irgend etwas stört mich hier, die Atmosphäre wirkt abweisend und bedrückend. Vielleicht liegt es ja an der Mafia. Was die "Cosa Nostra" auf Sizilien und die "Camorra" für Neapel bedeutet, repräsentiert hier die apulische "Corona Unita", die das Gebiet des Gargano angeblich fest im Griff hat.
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Piazza Marconi in Manfredonia |
Mattinata erscheint fast noch reizloser als Manfredonia, von der vermüllten Haltestelle ist nur eine Ansammlung vernachlässigter Mietskasernen zu sehen.
Weite Obstplantagen beherrschen die Umgebung. Es dauert eine Stunde, bis ich entlang der Landstraße hoch über dem Meer dahin spaziere. Ich bin der einzige Fußgänger und werde von den vorbeifahrenden Autofahrern verwundert angestarrt. Hier innerhalb des offiziellen Nationalparks liegt eine beachtliche Menge Müll neben der Strasse, für den sich offenbar niemand zuständig fühlt. Einige Wege zweigen vom Asphaltband ab, doch jedes mal lande ich vor einem abgezäunten Privatgrundstück mit tollem Meerblick, , die meisten davon mit Warnschildern und Kameras versehen.
Wer sich hier ein Häuschen bauen kann, wird wohl über gute Beziehungen verfügen, zu wem auch immer. Die Küstenstraße schlängelt sich kurvenreich und mit tollen Ausblicken 200 m über dem Meer dahin. Nachdem ich schon länger keinen verschwiegenen Landsitz oder sperrenden Zaun passiert habe, wage ich einen weglosen Abstieg in Richtung Küste. Durch Pinienwälder und über kakteenbewachsene Geröllhalden geht es steil abwärts. Dann stehe ich oberhalb einer Felswand und stapfe wieder zur Strasse hinauf. Diese führt nach einer Weile zur "Baia di Matinatella" hinunter, um gleich danach wieder in vielen Kurven ins Landesinnere anzusteigen. Wanderwege? Immer noch Fehlanzeige. Aber ein schmaler Güterweg führt steil aufwärts von der Strasse weg und erlaubt mir einen Einblick in die weitläufigen Wälder aus Aleppokiefern, die einen großen Teil des Gargano bedecken. Sie sind der Rest jener Wälder, die bis zur Antike einen großen Teil Süditaliens bedeckten, ehe ihnen der enorme Bedarf an Bau- und Schiffsholz den Garaus machte.
Wer sich hier ein Häuschen bauen kann, wird wohl über gute Beziehungen verfügen, zu wem auch immer. Die Küstenstraße schlängelt sich kurvenreich und mit tollen Ausblicken 200 m über dem Meer dahin. Nachdem ich schon länger keinen verschwiegenen Landsitz oder sperrenden Zaun passiert habe, wage ich einen weglosen Abstieg in Richtung Küste. Durch Pinienwälder und über kakteenbewachsene Geröllhalden geht es steil abwärts. Dann stehe ich oberhalb einer Felswand und stapfe wieder zur Strasse hinauf. Diese führt nach einer Weile zur "Baia di Matinatella" hinunter, um gleich danach wieder in vielen Kurven ins Landesinnere anzusteigen. Wanderwege? Immer noch Fehlanzeige. Aber ein schmaler Güterweg führt steil aufwärts von der Strasse weg und erlaubt mir einen Einblick in die weitläufigen Wälder aus Aleppokiefern, die einen großen Teil des Gargano bedecken. Sie sind der Rest jener Wälder, die bis zur Antike einen großen Teil Süditaliens bedeckten, ehe ihnen der enorme Bedarf an Bau- und Schiffsholz den Garaus machte.
Am nächsten Morgen sitze ich im Linienbus nach Vieste an der Westspitze der Halbinsel. Die "Strada Provinciale" führt kurvig und in stetigem Auf und Ab beinahe durchgehend durch Wald. Als der Busfahrer 15 km vor Vieste eine Einheimische an einer Zufahrt aussteigen lässt, nütze ich ebenfalls die Gelegenheit und gehe zu Fuß weiter die Straße entlang. Der Wald im Inneren des Gargano ist dicht, verfilzt und ein wenig geheimnisvoll. Auch hier wachsen großteils hohe Aleppokiefern, einige Forstwege erlauben kurze Abstecher. Später erreicht die Straße wieder die Küste, und diese ist wirklich
spektakulär. Weiße, nun im Winter menschenleere Strände unter hohen Kalkklippen, bizarre Felsen ragen davor aus dem Wasser, in einer Bucht ist ein Felsbogen zu sehen, durch den die Gischt hindurch schießt. Mehrere Campingplätze liegen verwaist zwischen Strasse und Küste, und einige Wege erlauben den Zustieg zum Meer und zu weiteren Ferienanlagen. Während der Sommersaison ist es mit der Idylle hier garantiert vorbei. Weiter vorne steht neben der Straße der "Torre di San Felice", einer von mehreren alten Wachtürmen an diesem Küstenabschnitt.
Die letzten Kilometer vor Vieste werden von langen Sandstränden dominiert. Dieses Stück Küste ist vom Nationalpark ausgenommen, und das aus gutem Grund. Eine gefühlte Ewigkeit lang wandere ich an Appartementanlagen, Hotels und Wasserparks vorüber, allesamt eingewintert und der Tristesse der Nebensaison überlassen. Am östlichsten felsigen Sporn des Gargano liegt die verwinkelte Altstadt
von Vieste. Die schmalen Gassen sind wie ausgestorben, Cafes und Restaurants geschlossen, die Türen der vielen Kirchen verriegelt. Von hier sind es noch 200 km quer über die Adria bis Montenegro. Nach langem Suchen finde ich ein offenes Terrassen-Café. Der junge Wirt setzt sich auf eine Zigarettenlänge zu mir und erklärt lachend, ich sei wahrscheinlich momentan tatsächlich der einzige ausländische Tourist in der Stadt. Ich solle doch im Sommer kommen, da wäre dann wirklich was los...
Bewertung:
Größe: 8
Bedeutung/Naturschutz: 6
Highlights: 7
Wildnis-feeling: 4
Service: 2
Öffis: 5
Meine Bewertung: 5,3
Das Gebiet: Der hügelige "Sporn des Stiefels" ragt gut 50 km weit in die Adria hinein. Das Kalkgestein lässt keine Flussläufe an der Oberfläche zu, die Entwässerung erfolgt unterirdisch. Im Landesinneren sind viele Karstsenken und Dolinen zu erkennen. Dramatische Felswände und -türme finden sich vor allem an der südöstlichen Küste der Halbinsel. Der zentrale Teil ist dicht mit Aleppokiefern bestanden. Es gibt aber auch einen Buchenurwald, den besonders geschützten "Foresta Umbra", wo auch Wanderwege existieren . Leider ist dieser ohne Kraftfahrzeug nicht zu erreichen. Die Großfauna wird durch zahlreiche Wildschweine und Rehe gebildet, auch die Wildkatze kommt vor. Nur wenige Orte liegen direkt im Nationalpark, neben Vieste und Mattinata ist vor allem San Giovanni Rotondo auf einem Höhenrücken mit Klöstern und Wallfahrtsstätten erwähnenswert.
Service und öffentliche Anreise: Die Provinzhauptstadt Foggia ist Haltepunkt der "Frecciarossa"- Hochgeschwindigkeitszüge. Ab dort geht es dann deutlich langsamer mit Bussen weiter, denn die Bahnlinien in den Gargano sind seit geraumer Zeit eingestellt. In Manfredonia
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Bahnhofsruine in Mafredonia |
Von Nationalpark-bezogenem Service ist kaum etwas zu bemerken - Wanderwege, Infotafeln, Besucherzentren und ähnliches sucht der Natur-Interessierte vergebens. Übernachtungsmöglichkeiten sind hingegen auch im Winter zahlreich vorhanden und preisgünstig. Möglicherweise ist man allerdings wie ich der einzige Hotelgast, der abends im Zimmer ohne Heizung vor sich hin bibbert..
Padre Pio von Pietrelcina - der Heilige des Gargano
Auch wenn uns die Geschichte absurd vorkommen mag - Padre Pio soll mit Abstand der beliebteste Heilige Italiens sein. Die rechtskonservativen bis klerikalfaschistischen Aspekte scheinen der Bewunderung nicht zu schaden. In Italien und vielen weiteren Ländern existieren Padre Pio - Gesellschaften und Stiftungen , im italienischen Kabelfernsehen kann man sich "Padre Pio TV" reinziehen und im Zentrum von Manfredonia ist eine verklärende Figurengruppe als Denkmal zu bewundern.
Der Franziskanermönch begann seine "Heiligenkarriere" 1918 in San Giovanni Rotondo am Gargano, als sich angeblich erstmals Stigmata an seinen Händen zeigten. Wunderheilungen, Prophezeiungen, Visionen und Zungenrede sorgten dafür, dass seine Berühmtheit binnen kurzer Zeit eine große Zahl Gläubige nach San Giovanni Rotondo lockte. Im Lauf der Jahre wurden die "Heiligen Wundmale" mehrmals medizinisch untersucht. Dabei wurde der Verdacht geäußert, die Wunden seien künstlich durch Karbolsäure verursacht - der weiteren Verehrung tat dies allerdings keinen Abbruch.
Der Vatikan verhielt sich zwiespältig : erst erteilte er nach kircheninternen Untersuchungen diverse Sanktionen (Pio durfte keine Messe mehr lesen oder seine Stigmata öffentlich zeigen) , später wechselte die Haltung je nach liberaler oder konservativer Tendenz im Vatikan. Papst Johannes Paul II sprach ihn dann 1999 selig und schließlich im Juni 2002 heilig. Etwas befremdlich ist die Tatsache, dass auch der momentane Papst - der als liberal geltende Franziskus - für die Verehrung Padre Pios eintritt. Die offene Unterstützung des Heiligen für die Faschisten ab 1920 und die heutigen sehr fragwürdigen politischen Positionen im Umkreis der Padre Pio-Organisationen scheinen jedenfalls dem Papst kein Kopfzerbrechen zu bereiten.
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