39. NATIONALPARK NORTHUMBERLAND , ENGLAND, UNITED KINGDOM
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Das Milecastle 42 im Mittelteil des Hadrianwalls |
NORTHUMBERLAND NATIONAL PARK, England, UK
Größe: 1030 km2 Gegründet: 1956 Besucht: März 2025
Charakteristik: Unmittelbar an der schottischen Grenze im äußersten Norden Englands erstreckt sich dieser Nationalpark zur Gänze in der Grafschaft Northumberland. Die weiten Grasflächen, sanften Erhebungen und die eingestreuten Farmen präsentieren sich recht unspektakulär.
Seine Attraktivität bezieht dieses Schutzgebiet in erster Linie aus dem legendären römischen Hadrianswall, der ganz im Süden des Gebietes mäandrierend durch Schafweiden und an Hügelkämmen entlang auf dem "Hadrians wall Pathway" begleitet werden kann.
Mein Nationalpark (März 2025): Zwischenstopp auf meinem Weg nach Schottland, um kurz einen weiteren Nationalpark zu besuchen. Einen mit einer Besonderheit, die nichts mit Naturraum zu tun hat, dafür umso mehr mit Geschichte. Den Süden des Northumberland N.P. durchläuft ein Stück des Hadrianwall`s, der berühmten Schutzwehr des römischen Imperiums gegen die Stämme des Nordens.
Diese Gelegenheit kann ich mir nicht entgehen lassen. Gegen Mittag entsteige ich dem Lokalzug aus Newcastle im Städtchen Haltwhistle, bringe rasch mein Gepäck im Hotel "Old Manor House" unter und marschiere los. Das Nationalpark-Gelände unterscheidet sich in nichts von der Landschaft unmittelbar davor. Sanftwelliges, grasbewachsenes, eintöniges Hügelgelände, hin und wieder unterbrochen durch einzelne Farmen. Unmittelbar neben dem Stall eines Bauernhofes auf einem sanften Hügel
werde ich fündig. Säulenbruchstücke und Mauerreste ragen aus der Grasnarbe hervor. Daneben lassen sich unter dem buckeligen Grasboden weitere, noch nicht freigelegte Blöcke und Mauern erkennen. Ich befinde mich hier im "Great Chesters Fort" , einem der frühesten Römerlager am Hadrianswall. Im Jahr 122 n.Chr. veranlasste der römische Kaiser Hadrian den Bau einer 117 km langen Mauer an der Nordgrenze des Imperiums zwischen der Irischen See und der Nordsee. Der heutige Grenzverlauf zu Schottland verläuft weitgehend parallel, aber 50 km weiter nördlich. Historiker nehmen an, dass der Wall hauptsächlich der Kontrolle des Waren- und Personenverkehrs aus dem wilden Norden dienen sollte und weniger dem tatsächlichen militärischem Schutz - für diesen Zweck wäre die Mauer kaum geeignet gewesen.
Das Gelände des Forts ist heute von neuzeitlichen, der Abgrenzung von Schafherden dienenden
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30 km lang führt der "Hadrian Wall Pathway" auf seinem Verlauf von der Irischen See bis zur Nordsee durch das Nationalparkgelände |
Legesteinmauern umgeben, für den hier entlang führenden Wanderweg "Hadrian Wall Pathway" lassen sich diese mittels hölzerner Überstiege überwinden. Ich bewege mich in Richtung Osten, über Wiesengelände und an glotzenden Schafen vorbei. Zeitweilig ist die antike Mauer gut erkennbar, dann wieder muss der Verlauf aus den großteils noch im Erdboden steckenden Quadern geschlossen werden.
Zwei Kilometer weiter ist ein Parkplatz mit Toiletten und Picknicktischen an einem ehemaligen Steinbruch erreicht: Cawfield Quarry. Der hübsche kleine See war einst eine Schürfgrube, hinter ihm ragt die
durch den Bergbau aufgeschlossene Felswand auf. Eine Tafel erläutert, dass Teile des Walls beim Abgraben der Felswand zerstört wurden. Hier wurde bis ins 20. Jahrhundert Dolerit abgebaut, ein körniges Basaltgestein, das wahrscheinlich auch bereits die Römer vor 19 Jahrhunderten für den Bau ihrer Mauer verwendeten.
Irgendwie habe ich den Weg verloren und bin bereits zweimal aus offensichtlich falschen Richtungen wieder auf den Parkplatz zurück geirrt. Ein kleiner mobiler Erfrischungswagen wartet dort auf Kunden. Der Betreiber ruft mir bereits von weitem zu: "Are you looking for the Roman fort? That`s behind the rock face, but watch out for the cattle!" Tatsächlich ist dort eine umzäunte Weidefläche zu durchqueren, aber das besagte Rindvieh grast am anderen Ende und ignoriert mich nicht mal. Dahinter liegen die gut erhaltenen Überreste des "Milecastle 42". 80 derartige Meilenkastelle wurden 122 bis 128 n.C. zwischen Nordsee und Irischer See entlang des Walls erbaut. Mächtige Quader umfassen das kleine ehemalige Römerlager, die alte Anlage ist noch gut zu erkennen.
Hier befand sich ein Mauerdurchlass, wo Legionäre ein wachsames Auge auf die vom wilden Norden der Insel nach "Britannia inferior" strebenden schottischen und irischen Gruppen hatten und römische Beamte Zölle einhoben. Heute klettert eine Gruppe asiatischer Touristen schnatternd und Selfie-produzierend auf den Blöcken des ehemaligen Forts umher.
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Gut restauriertes Mauerstück bei Milecastle 42 |
Ab nun ist der antike Wall ausgezeichnet restauriert. Er zieht vielfach gewunden wie eine Miniversion der Chinesischen Mauer über einen Hügelkamm, daneben verläuft der deutlich erkennbare Wanderweg. Im goldenen Abendlicht bieten sich Ausblicke nach Norden in die karge, weitläufige Landschaft des Nationalparks, die in ihrer Schlichtheit durchaus einen gewissen Reiz bietet. Es ist ein stilles, unspektakuläres Wandern hier. Bei Einbruch der Dämmerung breche ich ab und stapfe über Wiesen und an Schafherden vorbei zur nahen Hauptstraße und nach Haltwhistle zurück, einem
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Ruine der Mithras-Tempelanlage |
Bewertung:
Größe: 8
Bedeutung und Naturschutz: 4
Highlights: 6
Wildnis-Feeling: 2
Service: 5
Öffis: 5
Meine Bewertung: 5 , 0
Das Gebiet: Die Errichtung des Nationalparks im Jahr 1956 war wohl eher dem Erhalt der typischen Landschaft Northumberlands geschuldet und weniger dem Hadrianswall, obwohl es auf der offiziellen Homepage heißt: " In Teilen der Landschaft, die zeitlos erscheinen, spürt man die Verbindung zur Vergangenheit. Ein unglaublicher Ort mit dramatischer Rauheit und Einsamkeit, genau das, was Menschen in der hektischen modernen Welt brauchen." Das ist nicht falsch, auch wenn die "Dramatik" der Landschaft in anderen Nationalparks höher sein mag. Das Gebiet ist von vielen kleinen Bachläufen durchzogen und Weidegebiet abertausender Schafe. Menschen leben hier verstreut in Farmgebäuden und Weilern, größere Orte finden sich lediglich an den Rändern. Vom River Tyne im Süden bis fast zur schottischen Grenze im Norden dehnt sich diese weite, karge und teils wellige, teils flache Landschaft aus, wobei die Erhebungen des südlichen Teils markanter ausfallen. Der Hadrianswall zieht sich über eine lange Hügelkette namens "Whin Sill" dahin, im Norden dominieren sanfte Moorlandschaften. Die Nationalparkverwaltung wirbt auf ihrer Webseite auch mit der Einstufung als "Dark-sky-Gebiet", offiziell der unberührteste dunkle Himmel Englands, als idealen Ort für Liebhaber astronomischer Beobachtungen.
Service und Öffentliche Erreichbarkeit: An die Eisenbahn sind nur die Orte am südlichen Rand durch die "Newcastle & Carlisle Railway" gut angebunden. Von Hartwhistle erreicht man den Hadrianswall nach 45 Minuten Fußmarsch und kann den "Hadrian wall pathway" in beide Richtungen weiter verfolgen. Ich kann das "Old Manor House" in Hartwhistle wärmstens als Übernachtungsort empfehlen, nicht zuletzt der guten Pub-Gastronomie wegen.
Die Wallanlage und der begleitende Trail sind zumeist gut auffindbar und an den "Milecastles" informieren ausführliche Erklärungstafeln über diese längst vergangene Epoche.
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Graslandschaften dominieren den Northumberland National Park |
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