42. NATIONALPARK LA MADDALENA , SARDINIEN , ITALIEN

 

Größe :  201 km2   Gegründet:  1994   Besucht:  Mai 2025

Spiaggia di Punta Crucita an der Nordspitze Capreras


Charakteristik:   Sieben flache Inseln, davon nur zwei bewohnt, liegen unmittelbar vor der nordöstlichen Küste Sardiniens. Die lohnendste ist zweifellos Caprera.  Die felsige Küste ist reich an spektakulären Stränden, durch das Inselinnere führen Wanderwege zwischen rötlichen Felsen, Festungsanlagen und mediterraner Vegetation zu versteckten,  teilweise überlaufenen Buchten. 
In Palau beginnt die kurze Fährüberfahrt nach La Maddalena



Mein Nationalpark (Mai 2025):   Dicht vor der nordöstlichen Ecke Sardiniens, in Sichtweite der Berge Korsikas und nur durch die 12 km breite "Strasse von Bonifacio" von der französischen Insel getrennt, liegt das Maddalena - Archipel. Der Bus aus Olbia hat seine Endstelle im Hafenort Palau direkt an der Mole, wo die Fähren zur Hauptinsel La Maddalena ablegen. Die kurze, eindrucksvolle  Überfahrt bietet einen ersten Eindruck zum Nationalpark. Entlang der unbewohnten Insel San Stefano tuckert die Fähre zum Hauptort La Maddalena, ein hübsches und lebhaftes Städtchen mit immerhin 12000 Bewohnern.  Anderntags benützen wir den praktischen Linienbus zum Schmuckstück des Parks, der Insel Caprera, die durch eine Brücke und einen langen Damm mit der Hauptinsel verbunden ist. Die dortige Haltestelle  namens "Compendio Garibaldino" lässt bereits erahnen, dass sich auf Caprera alles um die Person des italienischen Freiheitskämpfers und Nationalhelden Guiseppe Garibaldi dreht. 
Guiseppe Garibaldi
Der Hauptakteur des "Risorgimento" , der großen italienischen Einigungsbewegung des 19. Jahrhunderts, lebte hier ab 1854 bis zu seinem Tod im Jahr 1882. Bald nach seiner Ankunft erwarb er das halbe Eiland und ließ sich ein Haus als Alterssitz bauen. Dieses ist heute ein Museum und die gesamte Insel ein nationales Denkmal. Wir sind jedoch nicht wegen Garibaldi hier (die Italophilen unter den Blog-Lesern mögen mir verzeihen), sondern der Natur wegen. Und die ist wirklich außergewöhnlich prächtig. Das mediterrane Gestrüpp neben dem Weg ist von farbenfrohen Blüten bedeckt und dahinter leuchtet das blitzblaue Meer. Gerhard hat einen Rundweg aus dem Wanderführer ausgesucht, von dem wir uns einen guten Eindruck über Caprera erhoffen. 
Blühende Macchia im Mai
Aus einem Kiefernwäldchen steigt der Weg zur mächtigen, bereits von weitem sichtbaren Festung "Batteria Arbudicci" in der Mitte der Insel an. Hier wird Eintritt für das hiesige Museum verlangt. Unsere zaghafte Anfrage "Can we just enjoy the view without visiting the exhibition?" wird entschieden verneint. Also bezahlen wir brav die paar Euro und mühen uns durch die langweilige Ausstellung, welche sich hauptsächlich wohl um welchen Volkshelden dreht? Richtig! Sehr erfreulich und allein den Eintritt wert 
Auf der Batteria Arbudicci


finde ich hingegen die vielköpfige Katzenbande, die gechillt zwischen den Gemäuern herumlungert und offenbar vom Museumspersonal gut versorgt wird. Hinter der Festung führt der Weg durch die felsigen Hügel in Richtung nördliches Inselende. Am Hügel zur Rechten steht eine weitere Festung, die "Messa del Cervo" , doch unsere Route leitet in vielen Serpentinen zum nahen, unwahrscheinlich blauen Meer hinunter.  Nahe beim Wasser stehen einige alte Steinhäuser. Löchrige Fußböden, geborstene Dächer, der Rest eines gemauerten Ofens, die Macchie drängt von allen Seiten durch Löcher 
Namenlose Bucht auf Caprera 
im Mauerwerk herein. Kurz wird die Wegfindung zur"Cala Napolitana" schwierig, sowohl unser Wanderführer als auch die vorhandenen Schilder sind nicht eindeutig. Aber die kleinen Irrwege sind allesamt ein Gewinn, so abwechslungsreich ist die Landschaft. Gerhard deutet auf zwei entfernte, sich bewegende weiße Flecken zwischen den Sträuchern: "Hast du die Schafe gesehen?" Ich bejahe, später entdecke ich jedoch eine Stelle im Reiseführer, die von den hier zahlreich lebenden Wildziegen berichtet. Das Wort "Ziege" spiegelt sich im Inselnamen "Caprera" (italienisch: capra) wieder. 
Die zahlreichen rötlich-grauen Felsen sind zum Teil bizarr ausgehöhlt und verformt. Vor Jahren habe ich im nahen Korsika sehr ähnliche Felsbildungen gesehen. Dort nennt man sie "Tafoni" (ausgehöhlter oder durchlöcherter Stein). Die Entstehung ist nicht 

Die Tafoni sind ein geologisches Kuriosum
restlos geklärt, vermutlich handelt es sich um eine Mischung aus physikalischen und chemischen Verwitterungsprozessen.  Der Weg passiert die "Spiaggia di Punta Crucitta". Eine sandige Bucht trennt die kleine Halbinsel fast völlig ab, eine einzelne Gestalt sonnt sich am Ufer. Bis zur "Cala Napolitana" nimmt dann die Zahl an Wanderern deutlich zu. Tatsächlich gleicht das Ambiente einem tropischen Strand. Geschwungene Ufer aus Sand und Kieseln, türkisblaues Meer vor bizarren Felsen und Macchia-bewachsenen Hügeln. Und auch sehr viele Besucher.  Zwischen den Menschengruppen suchen wir uns mühsam einen Platz am Ufer und kühlen die Füße im glasklaren Wasser. Außer bei Wanderern ist die Bucht auch als Ziel von organisierten  Bootsausflügen aus Palau und La Maddalena in einem Ausmaß beliebt, welches die Natur bereits massiv belastet, das ausufernde Influencertum tut sein übriges. Die Situation führt aktuell zu Einschränkungen von Seiten der Nationalpark-Verwaltung. Ab der Saison 2025 dürfen etwa übergroße Taschen, Kühlboxen und Luftmatratzen nicht mehr auf die Insel mitgebracht werden. 
Das Problem des "overtourism" betrifft scheinbar auch Naturschutzgebiete. Doch wie soll man die Misere lösen? Helfen Zutrittsbeschränkungen oder hohe Eintrittsgebühren? Beides scheint mir unvereinbar mit dem Gedanken eines Nationalparks zu sein, der außer dem Umweltschutz ausdrücklich auch den allgemeinen Zugang und das Naturerlebnis in den Vordergrund stellt. 

Cala Napolitana, eine Traumstrand am Limit

Hügelauf und hügelab geht es weiter über eine sumpfige Niederung, vorbei an an einer weiteren schwer zugänglichen Bucht und durch einen Pinienwald. Ein Weilchen zockeln wir einer vielköpfigen Wandergruppe von Landsleuten hinterher, ehe das Gelände überholen gestattet. Das letzte Stück bis zum Bus wandern wir dann eben über dem Meer dahin, stets das türkisblaue Wasser mit den restlichen Inseln des Archipels und dahinter die steil aufragenden Berge auf Korsika im Blick. Guiseppe Garibaldi hat den Platz für seinen Alterssitz wahrhaft mit Bedacht ausgesucht. 
Blick von Caprera auf die Insel La Maddalena und das Festland

Bewertung:

Größe:    5
Bedeutung und Umweltschutz:    7
Highlights:    8
Wildnis-Feeling:    5
Service:    6
Öffis:    7

Meine Bewertung:    6 , 3

Kiefernwälder auf Caprera


Das Gebiet:   Die Parkgröße von 201 km2 teilt sich in 51 km2 Land in Form von 7 größeren und und zahlreichen winzigen Inseln und Riffen mit über 180 km Küstenlinien sowie 150 km2 Meeresfläche ringsum auf. Die  Landschaftsformen der Inseln sind stark vom Mistral und der starken Meeresströmung durch die Strasse von Bonifacio beeinflusst.  Zahlreiche Schieferfelsen auf Caprera weisen Verformungen, Löcher und Hohlformen auf, die als "Tafoni" bezeichnet werden.  Die Hauptinsel heißt La Maddalena, hier wohnt die überwiegende Mehrzahl der Anwohner in der gleichnamigen Stadt. Das nordwestlich gelegene unbewohnte Eiland Budelli 
Die Spiaggia Rosa (Bild: Internet)
beherbergt den berühmten rosafärbigen Strand "Spiaggia Rosa", der jedoch mittlerweile nicht mehr frei zugänglich ist. Die Ursache für die Verfärbung des Sandes sind rosafärbige Mikroorganismen, deren Schalen sich nach dem Absterben fein zermahlen mit dem Sand vermischen.  Die Macchia der größeren Inseln ist im Frühling mit farbenprächtigen Blüten bedeckt. Und nur auf Caprera wachsen in den tiefen Lagen richtige Wälder aus Kiefern, die es vor 180 Jahren noch nicht gab. Die ersten Bäume soll angeblich jener Mann gepflanzt haben, 
dessen Namen hier anscheinend in jeglichem Zusammenhang auftaucht: Guiseppe Garibaldi.


Service und Öffis:   Wie das Gennargentu-Gebirge ist auch das Maddalena-Archipel ein Wanderparadies. Kreuz und quer über Caprera führen Wege, allerdings nicht immer markiert und sparsam beschildert. Auf Grund der geringen Größe wird man sich jedoch kaum dauerhaft verirren. Das Garibaldi-Geburtshaus und die Festungen der Insel beherbergen historische Ausstellungen, eine Möglichkeit zur Verpflegung während unserer Wanderung konnten wir leider nicht entdecken. In der Stadt La Maddalena wohnt es sich angenehm, das Hotel- und Restaurantangebot ist reichhaltig. Linienbusse fahren von dort in den Norden der Hauptinsel und nach Caprera, außerdem werden Bootsausflüge zu einigen unbewohnten Inseln im Nationalpark sowie Rundkurse mit Ausflugsschiffen angeboten. Gut öffentlich erreichbar ist der Nationalpark aus Olbia mit Buslinien von ARST nach Palau und den durchschnittlich stündlich verkehrenden Fähren zwischen Palau und La Maddalena.  Es existiert auch eine "Nationalpark-Touristeninformation", allerdings könnte man nach dem Besuch beim besten Willen nicht sagen, weshalb. 
La Maddalena























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