45. NATIONALPARK TYRESTA , SCHWEDEN
NATIONALPARK TYRESTRA , STOCKHOLMS LÄN , SCHWEDEN
Größe: 20 km2 Gegründet: 1993 Besucht: Juli 2025
Charakteristik: Ein kleines Hügelgebiet mit alten Nadelwäldern und eiszeitlichen Seen in unmittelbarer Nähe der schwedischen Hauptstadt birgt den kleinsten Nationalpark des Landes.
Durch die gute öffentliche Erreichbarkeit und die bequemen Wanderwege eignet sich das reizende Schutzgebiet auch ausgezeichnet für einen Kurzbesuch im Rahmen einer Stockholm-Reise.
Mein Nationalpark, Juli 2025: Dieser kleine, gut erreichbare Nationalpark gleich bei Stockholm
dient als Zwischenziel bis zu meiner Weiterreise zum Polarkreis morgen Abend. Um 5h30 entsteige ich etwas gerädert in Stockholm Central dem Nachtzug aus Malmö. Nach einem schnellen Kaffee beim einzigen bereits offenen Shop besteige ich die S-Bahn nach Handen südlich der Hauptstadt und weiter den Lokalbus zum Tyresta Nationalpark. Der Bus hält an der Endstelle, einem Parkplatz im Wald. Die offizielle Website erwähnt einen kostenfreien Campingplatz beim Parkeingang, mit Hilfe von Google maps lässt sich dieser tatsächlich in einer Viertelstunde erreichen: Es handelt sich um eine schöne Wiese mit Sanitärhäuschen daneben und idyllisch am Waldrand gelegen. Das Zelt ist rasch aufgebaut, und schon bin ich unterwegs. Es ist zwar
einfach eines von vielen Waldgebieten Schwedens, und doch ist es auf seine Weise einzigartig. Hier gibt es alte Wälder mit 300 Jahre alten Kiefern und Fichten. Riesige runde Granitblöcke, versteckte Sumpfgebiete, dichte Moose. Eine Reihe von Seen, die als Reste von Eiszeitgletschern verblieben sind. Verträumte Wege, Aussichtsplätze, Picknicktische an den Ufern. Und das alles keine 20 km vom Zentrum der Millionenstadt entfernt. Der See Bylsjön versteckt sich mitten im Fichtendickicht. Ein undeutlicher Pfad führt vom Hauptweg zum Wasser. Hier lässt sich gut der sogenannte "Schwingrasen" erleben. Der aus Moosen, Flechten und anderen "ausläuferbildenden" Pflanzen bestehende Boden schwingt bei jedem Schritt wild auf und ab, ein kleines Natur-Trampolin. Macht durchaus Spaß, so eine Weile auf und ab zu schwingen...
Die Erklärung ist einfach - man befindet sich bereits ein gutes Stück auf der Seeoberfläche, die Pflanzen bilden hier nur einen dünnen Teppich und gaukeln festen Grund vor. Das Phänomen ist ein spezieller Typ Lebensraum im Verlandungsprozess von Süßgewässern, der in der Umweltagenda der EU mit der Bezeichnung "Übergangs- und Schwingrasenmoore" geschützt ist. Diese Informationen werde ich mir später aus dem Internet holen. Dabei stoße ich im Nachhinein auch auf den ernüchternden Satz: "Es empfiehlt sich dringend, Schwingrasenareale nicht zu betreten, da diese oft nicht stabil sind und die Gefahr des Ertrinkens besteht..."
Meine aus mehreren verfügbaren Wanderwegen zusammengewürfelte Tour streift einen weiteren, größeren See, den "Arsjön". Ein großer Picknickplatz am Ufer wird eben von einer Gruppe Jugendlicher zum Feiern benützt, fröhlich, aber friedlich und in gemäßigter Lautstärke .
Ein interessantes, versumpftes Areal mit kleinen Teichen und Wasserläufen wird durchquert, auch hier ist der Übergang zwischen festem Boden und Gewässer oft unscharf.
Einer der beschilderten Pfade heißt "Urkogsstigen" , was Urwaldweg bedeutet. Anders als die bisher benützten, fast kinderwagentauglichen Wege muss man hier manchmal auch die Hände benutzen. Über
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Am Urkogsstigen |
kleine Granitfelsen hinweg geht es ein wenig abenteuerlicher durch den Wald. An einem länglichen Felsplateau erzählt die Infotafel eine interessante Geschichte: Vor etwa 12000 Jahren schmolzen die riesigen Gletscher, welche während der Eiszeiten das skandinavische Schild zur Gänze bedeckten. Nach dem Wegfall des von ihnen ausgeübten Drucks begann sich die Landmasse langsam zu heben. Das Areal um den Urkogsstigen lag damals auf Meereshöhe, 250 Höhenmeter tiefer als heute. Hier haben Archäologen Überreste von steinzeitlichen Küstenbewohnern entdeckt, die vor 12000 Jahren Fischen und Robben nachstellten. Nun liegt die Küste weit außer Sichtweite.
Am Ende des Urkogsstigen zeigt mir meine Wander-App, dass ich mich in weitem Bogen bis auf einen Kilometer wieder dem Campingplatz angenähert habe. Tatsächlich führt ein unmarkierter, aber deutlicher Pfad in zwischen dicht stehenden Bäumen in diese Richtung und so erreiche ich nach einigem Auf und Ab durch wildes Gestrüpp bald wieder mein Zelt am Waldrand. Obwohl eigentlich nur als Lückenbüßer geplant, erweist sich der Tyresta als unerwartet stimmungsvoller Nationalpark, eine unbekannte kleine Perle unmittelbar vor den Toren Stockholms.
Bewertung:
Größe: 2
Bedeutung/Naturschutz: 6
Highlights: 4
Wildnis-Feeling: 5
Service: 8
Öffis: 8
Meine Bewertung: 5 , 5
Das Gebiet: Die kleine Hügellandschaft beherbergt jahrhundertealte Kiefern, verstreut liegende, von Inlandeis und Wellen glatt geschliffene Granitblöcke, als die Schärenlandschaft noch bis hierher reichte, sowie zahlreiche kleine und größere Seen. Die Landschaftsform wird "Risstal-Landschaft" genannt. Zahlreiche Klufttäler und-senken zeugen von der tektonischen Beanspruchung der Oberfläche bei der Landhebung nach Ende der letzten Eiszeit. Auerhühner, Spechte und Eulen sind häufige Vögel. Auch Elche werden hier regelmäßig gesichtet, leider nicht von mir.
Service und Öffentliche Anbindung: Der Park liegt in der Vorort-Gemeinde Hanige, dessen Hauptort Handen stündlich vom Stockholmer Hauptbahnhof per S-Bahn erreicht werden kann.
Von Hanige fährt ebenso oft ein direkter Bus zum Eingang des Nationalparks. Das Besucherzentrum daneben informiert nicht nur über diesen, sondern über alle schwedischen Nationalparks, außerdem gibt es einen Bauernhof mit alten einheimischen Haustierrassen.
Als besonderes Service der Parkverwaltung wird ein kleines kostenfreies Campingareal am Waldrand einschließlich WC- und Waschhäuschen angeboten, wo man maximal 3 Tage lang verweilen darf. In den zwei Tagen meines Aufenthaltes wurde das Servicehäuschen mehrmals gereinigt und der Müll entsorgt.
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